Internationalismus organisieren
Von Susanne Knütter
Jedes internationale Unternehmen macht in einem Land nur so viel, wie es machen muss und »kein Jota mehr«. Ein Internationalismus der Arbeiter ist daher nötig. Die Konferenz von Coca-Cola-Beschäftigten am Dienstag abend in Frankfurt am Main sei ein Beispiel für Solidarität unter Lohnabhängigen weltweit, fasste der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG), Freddy Adjan, in seinem Schlusswort zusammen. Beschäftigte und Gewerkschafter aus Indonesien, Spanien, Frankreich, Pakistan, Irland, Bangladesch, Rumänien, Deutschland und den Philippinen verständigten sich in diesem Rahmen über die Praktiken des Konzerns.
Für den Großteil der transnationalen Firmen gilt: Am besten ist es für sie, wenn die Lohnabhängigen »atomisiert und desorganisiert« sind, um dem Kapital »freie Hand bei der Organisation der Produktion zu garantieren« und sich die Gewinne anzueignen, erläuterte der Soziologe Klaus Dörre in seinem Vortrag auf der Konferenz. Auch der Coca-Cola-Konzern und seine Töchter agierten nach dem Muster. Jede Gelegenheit, Extraprofite zu generieren, indem Menschenrechte ungestraft verletzt und Gewerkschaften eingeschüchtert werden, ergreifen sie.
Wie die Situation bei Coca-Cola Bottlers Incorporated (CCBI) auf den Philippinen ist, beschrieb der Vorsitzende der Gewerkschaft FCCU, Fred Marañon. Alle fünf Jahre gebe es einen Wechsel im Management. Damit einher gehe eine Änderung der Arbeitspraxis und -bedingungen sowie enorme Entlassungswellen. Darüber hinaus würden die Gewerkschafter von der Regierungsagentur schikaniert, die das Duterte-Regime zur Bekämpfung der kommunistischen Opposition eingerichtet hat.
Gegenwärtig streiten die etwa 18 Gewerkschaften, die es bei CCBI auf den Philippinen gibt, für die Wiedereinstellung von entlassenen Kollegen. Marañon selbst wurde im Mai 2020 gefeuert, weil er sich für den Gesundheitsschutz der Arbeiter im Betrieb einsetzte. Es habe keine Richtlinien gegeben, wie die Arbeit unter Covidbedingungen zu bewerkstelligen sei, während es landesweit Lockdowns und Quarantäneanordnungen gegeben habe. Die Gewerkschaften diskutierten die Situation mit den Kollegen. Als die Arbeiter nicht zur Arbeit erschienen, habe das Management der Gewerkschaft Sabotage vorgeworfen. Infolge eines großen Protestes in San Fernando wurden Gewerkschaftsmitglieder und -führer für einen Tag inhaftiert. Weitere Straßenproteste wurden durch die Pandemierestriktionen der Regierung verunmöglicht.
Die internationale Solidarität und der konstante Kontakt zu den Schwesterverbänden weltweit, seien sehr wichtig, um den Druck auf Coca-Cola und die Regierung zu erhöhen, sagte Marañon. So sahen es wohl alle Teilnehmer und Besucher der Konferenz. »Die am besten organisierten Arbeiter haben sich einzusetzen für die am schlechtesten organisierten Arbeiter«, sagte Jürgen Hinzer, ehemals Streikbeauftragter bei der NGG und Mitorganisator der Konferenz, mit Bezug zu Karl Marx am Mittwoch im Gespräch mit jW. Im Falle von Coca-Cola funktioniere das, so Hinzer. Allein 30 Betriebsräte von Coca-Cola Deutschland, wo immerhin ein Tarifvertrag gilt, der einen gewissen Kündigungsschutz bei Konzernumstrukturierungen vorsieht, hätten an der Veranstaltung vor Ort teilgenommen.
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