Hinter Schloss und Riegel
Von Nick Brauns
Das Motto des diesjährigen G7-Gipfels in Oberbayern scheint direkt der PR-Agentur eines sich liberal gebenden Imperialismus entsprungen. »Fortschritt für eine gerechte Welt« versprechen die Staats- und Regierungschefs von Deutschland, den USA, Großbritannien, Frankreich, Kanada, Italien und Japan, die vom 26. bis 28. Juni abgeschirmt von 18.000 Polizisten im Schlosshotel Elmau zusammenkommen wollen.
Gegen den Anspruch der Repräsentanten der reichsten und mächtigsten Länder des globalen Nordens, über die Geschicke der gesamten Welt zu entscheiden, wendet sich die Aktionsplattform »Stop G7 Elmau«. Mit dem Aufruf »Globale Gerechtigkeit statt G7 – Klima schützen statt aufrüsten« wird zu Protesten mobilisiert. Neben einem Gegengipfel und einer unter anderem von ATTAC, dem Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) und der Welthungerhilfe organisierten Großdemonstration in München soll der Widerstand auch vor Ort bei Elmau im beschaulichen Landkreis Garmisch-Partenkirchen auf die Straße getragen werden.
Allerdings beklagten Vertreter der Aktionsplattform am Dienstag auf einer Pressekonferenz in München Einschränkungen der Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Ihnen würden »viele Steine in den Weg gelegt«, berichtete Hagen Pfaff vom Presseteam der Aktionsplattform gegenüber jW. So hätten sich die Behörden beim Kooperationsgespräch mit den Demonstrationsanmeldern am Freitag im Landratsamt Garmisch »gar nicht kooperativ« gezeigt. Mit fadenscheinigen Argumenten werde versucht, die Routen der Demonstration am 26. Juni und des Sternmarsches nach Elmau am folgenden Tag zu beschneiden. Geht es nach dem Willen der Polizei, dann darf nicht einmal eine symbolische Abordnung von 50 Personen in Hör- und Sichtweite des Schlosshotels ihren Protest äußern, wie es zum Gipfeltreffen vor sieben Jahren noch gerichtlich erstritten werden konnte. »Ein Verbot der geplanten Kundgebung in der Nähe des Tagungsorts der G7 durch die Versammlungsbehörde werden wir nicht akzeptieren«, kündigte Claus Schreer vom Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus auf der Pressekonferenz juristische Schritte an, sobald der schriftliche Auflagenbescheid vorliege. Keine Probleme erwarten die Organisatoren bei der Genehmigung eines Protestcamps in Garmisch.
Das Aktionsbündnis rechnet mit mehreren tausend Teilnehmern. Dabei zeichne sich ein »relativ buntes politisches Spektrum« mit starker Beteiligung von Klimaaktivisten ab, so Pfaff. Fridays for Future sind ebenso dabei wie Extinction Rebellion (XR). Gefragt nach Aktionen des zivilen Ungehorsams, versicherte Pfaff, der selbst XR-Aktivist ist, gegenüber jW: »Die wird es geben.« Im Aufruf des Bündnisses heißt es, der historisch von der NATO-Politik beförderte Angriff Russlands auf die Ukraine müsse – wie andere Kriege auch – gestoppt werden. Doch im Fokus der Proteste würden Klimathemen und entwicklungspolitische Fragen des globalen Südens stehen, so Pfaff.
Bei den G7-Beratungen wird dagegen der Kampf um die Ukraine als geopolitisches Schlachtfeld zwischen westlichem Imperialismus und Russland zentral sein. Ein Ziel von Bundeskanzler Scholz (SPD) ist es, die in Elmau als Gäste geladenen Vertreter von Südafrika, Senegal, Indonesien und Indien für die Sanktionspolitik gegen Russland zu gewinnen.
junge Welt wird die Mobilisierung gegen den G7-Gipfel mit einer Artikelserie in der kommenden Woche begleiten und während der Proteste unter anderem von vor Ort ausführlich berichten.
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