Mélenchon tritt bei Parlamentswahl nicht an
Von Raphaël Schmeller
Der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon tritt bei den französischen Parlamentswahlen am 12. und 19. Juni nicht wieder an. In seinem bisherigen Wahlkreis in Marseille werde sein ehemaliger Wahlkampfleiter Manuel Bompard kandidieren, kündigte Mélenchon am Donnerstag abend an. Bompard war zuletzt maßgeblich daran beteiligt, das Wahlbündnis von Mélenchons La France insoumise (LFI) mit Sozialisten (PS), Kommunisten (PCF) und Grünen auszuhandeln. Das Abkommen »Nouvelle Union Populaire écologiste et sociale« (NUPES – Neue ökologische und soziale Volksunion) wurde vergangenen Freitag unterzeichnet. Die linken Parteien hoffen, durch den Zusammenschluss eine Mehrheit im Parlament zu erobern und so den Premierminister zu stellen.
Den Posten soll – auch wenn er dann nicht mehr Abgeordneter ist – Mélenchon bekommen, so das Ziel der NUPES. Wie geht das? In Frankreich wird der Premierminister vom Präsidenten ernannt, die oder der Designierte muss dabei nicht Teil der Nationalversammlung sein. Als Regierungschef muss der Premierminister aber von der Mehrheit des Parlaments getragen werden. In der Regel erhält der Präsident diese und kann so einen Regierungschef aus seinem Lager ernennen. Doch in diesem Jahr könnte es zu einer »Cohabitation« kommen, d. h. einer Konstellation, bei der Staatspräsident und stärkste Fraktion im Parlament entgegengesetzten politischen Lagern angehören. Die Macht des vor kurzem wiedergewählten Präsidenten Emmanuel Macron wäre in diesem Falle stark eingeschränkt und seine Kompetenzen auf die Außenpolitik begrenzt. Als Regierungschef wäre der Premierminister für alles andere zuständig.
Hintergrund von Mélenchons Entscheidung nicht wieder anzutreten, ist eine taktische Überlegung: In Frankreich wird während des Wahlkampfes die Redezeit der Kandidaten in den Medien streng kontrolliert. Als Nichtkandidat kann sich der Linkspolitiker dieser Regelung nun entziehen. Die NUPES liegt in Umfrage für die Parlamentswahlen aktuell vorn. Es könnte also tatsächlich dazu kommen, dass Macron Mélenchon zum Premierminister ernennen müsste.
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