Springer schlägt Jansa
Von Roland Zschächner
Es scheint, als seien die Regierungstage des slowenischen Premierministers Janez Jansa gezählt. Bei den Parlamentswahlen am Sonntag hat die grün-liberale Freiheitsbewegung von Robert Golob mit großem Abstand gewonnen. 34,5 Prozent der Stimmen entfielen auf den Newcomer, der mit 41 Abgeordneten in der 90 Sitze umfassenden Staatsversammlung in Ljubljana vertreten sein wird. Zweitstärkste Kraft wurde die Slowenische Demokratische Partei (SDS) von Jansa. Außerdem schafften laut vorläufigem Endergebnis drei weitere Parteien den Sprung über die Sperrklausel: die christliche Neues Slowenien mit 6,8 Prozent, die Sozialdemokraten (SD) mit 6,6 Prozent und die linkssozialdemokratische Levica (Linke) mit 4,4 Prozent.
Golob kündigte am Sonntag an, an diesem Dienstag mit den Koalitionsgesprächen beginnen zu wollen. Seine Ansprechpartner seien die Parteien des KUL-Bündnisses. Dieses hatte sich in der letzten Legislatur zusammengefunden, nachdem sich Jansa eine Regierungsmehrheit organisiert hatte. Doch von den ursprünglich vier im Parlament vertretenen KUL-Parteien haben es nur die SD und Levica geschafft, die Vierprozenthürde zu überwinden. Golob sagte im Interview mit dem Fernsehsender N 1, dass es in seinem Kabinett nicht auf das Parteibuch ankomme, sondern auf die Kompetenz.
Die Freiheitsbewegung ging Anfang des Jahres aus der Grünen Aktionspartei hervor, die im vergangenen Jahr gegründet worden war. Golob, ein ehemaliger Staatssekretär im Wirtschaftsministerium und Manager des staatlichen Stromversorgers Gen-I, übernahm die Umweltpartei und transformierte sie in ein liberal-ökologisches Sammelbecken. Seitdem stiegen deren Zustimmungswerte. Die Gründe liegen zum einen in der Person Golobs, der von vielen Slowenen als kompetenter Vertreter einer liberalen Wirtschaft gesehen wird. Gen-I ist ein funktionierendes Staatsunternehmen, das Ableger in den Nachbarländern unterhält. Vor der Wahl hatte Jansa noch über seinen Kontrahenten gespottet, dieser wäre im Schachspiel der Opposition der Springer, weil alle anderen Figuren ausgingen. Zum anderen nutzte die Freiheitsbewegung eine Wechselstimmung und griff die damit verbundenen Themen wie Umwelt- und Klimaschutz, demokratische Werte und effizientes Regieren auf.
Zwar hatte Jansa vor der Wahl vor einer russischen Einmischung in die Wahl gewarnt. Doch ist unklar, wen er damit warnen wollte. Denn in Berlin wird man mit einer Regierung Golob ebenso gut auskommen wie mit Jansa. Innenpolitisch wird die Freiheitsbewegung auf eine liberale Modernisierung Sloweniens hinauslaufen. War Jansa vorrangig darauf aus, enge Bande mit seinem Freund und ungarischen Amtskollegen Viktor Orban zu unterhalten, wird wohl eher darauf hingearbeitet, westliches Kapital ins Land zu holen und die einheimische Bourgeoise zu stärken. Außenpolitisch dürfte es zu keinen großen Änderungen kommen, außer dass Ljubljana weniger die Nähe zur Visegrad-Gruppe suchen wird.
Eine der Wahlverliererinnen ist Levica, die mehr als fünf Prozentpunkte der Stimmen verlor. Dabei dürfte zum einen die Position beigetragen haben, Jansa um jeden Preis zu verhindern. Zum anderen wurden Themen der Linkssozialdemokraten von der Freiheitsbewegung mitbedient. In einer ersten Stellungnahme kündigte die Parteispitze an, die Niederlage aufarbeiten zu wollen, ohne dabei aufzugeben, »was Levica bisher war. Wir werden für die Versprechen und Verpflichtungen kämpfen, die wir den Menschen gegeben haben«, heißt es darin. Levica-Koordinator Luka Mesec erklärte, seinen Posten noch am Montag zur Verfügung zu stellen.
Drei Wochen kostenlos lesen
Die Tageszeitung junge Welt stört die Herrschenden bei der Verbreitung ihrer Propaganda. Sie bezieht eine aufklärerische Position ohne Besserwisserei und wirkt durch Argumente, Qualität, Unterhaltsamkeit und Biss.
Überprüfen Sie es jetzt und testen die junge Welt drei Wochen lang (im europäischen Ausland zwei Wochen) kostenlos. Danach ist Schluss, das Probeabo endet automatisch.
Ähnliche:
Regio:
Mehr aus: Ausland
-
Macron bleibt Staatschef
vom 26.04.2022 -
Wunschliste an Washington
vom 26.04.2022 -
Flucht vor Perspektivlosigkeit
vom 26.04.2022 -
Einmischung unerwünscht
vom 26.04.2022 -
Unterstützung für Assange
vom 26.04.2022 -
Weitere 30 Tage
vom 26.04.2022 -
»Mit uns werden die Mieten nicht angehoben«
vom 26.04.2022