Macron bleibt Staatschef
Von Hansgeorg Hermann, Paris
Emmanuel Macron wird den 67,5 Millionen Franzosen für ein zweites, fünf Jahre dauerndes Mandat als Staatschef erhalten bleiben. Mit 58,8 Prozent der Stimmen gewann er am Sonntag gegen seine Herausforderin Marine Le Pen. Die Kandidatin der faschistoiden Rechten unterlag ihm im zweiten Durchgang der Präsidentschaftswahl mit 41,2 Prozent der Stimmen. Ein freudloser Sieg für den Amtsinhaber: 28,2 Prozent der 48,75 Millionen Wahlberechtigten – 13,75 Millionen in absoluten Zahlen – gingen erst gar nicht an die Urnen. Würde das französische Wahlsystem auch die 3,1 Millionen »weißen« Wahlzettel ohne Kreuz und die bewusst ungültig gemachten Stimmen mitzählen, käme Macron auf ein Wahlergebnis von lediglich 38,5 Prozent, 18,768 Millionen Wähler in nackten Zahlen – gegen 27 Prozent seiner Konkurrentin.
Wie die Ergebnisse in den ehemaligen Kolonien und rund um die französischen Großstädte zeigen, gelten Le Pen und ihr Rassemblement National (RN) inzwischen als Verteidiger jener armen Bevölkerungsgruppen, um deren Probleme sich die Pariser Regierenden in den vergangenen Jahrzehnten wenig oder gar nicht scherten. Guadeloupe, Martinique, Réunion oder Guyane, wo Macron vor fünf Jahren noch leicht gewonnen hatte, liefen dieses Mal alle zu Le Pen über – mit Stimmergebnissen von teilweise mehr als 70 Prozent. Im Zentralstaat selbst siegte sie in 23 Departements, vor allem in den ehemaligen Industriegebieten im äußersten Norden des Landes, im Süden rund um die Mittelmeermetropole Marseille und auf der Insel Korsika. 2017 hatte Le Pen lediglich zwei Departements gewonnen.
Macron selbst hielt das Wahlergebnis am Sonntag für den Beweis, »dass ich nicht mehr der Kandidat eines politischen Lagers, sondern der Präsident aller bin«. Der linke parlamentarische Oppositionsführer Jean-Luc Mélenchon, der die Stichwahl knapp verpasst hatte, nannte Macron den Präsidenten mit »dem schlechtesten Ergebnis in der gesamten Fünften Republik«. Le Pen verkündete die »Fortsetzung des Kampfes« angesichts der Parlamentswahlen am 12. und 19. Juni.
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