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Aus: Ausgabe vom 12.01.2022, Seite 4 / Inland

Linke-Kandidat Trabert: Hartz IV zu niedrig

Berlin. Der Kandidat der Partei Die Linke für das Amt des Bundespräsidenten, Gerhard Trabert, hat die Erhöhung der Hartz-IV-Sätze um drei Euro zu Jahresbeginn als viel zu niedrig kritisiert. Auch die Parteien der Ampelkoalition seien von der Lebensrealität armer Menschen weit entfernt, sagte der Mainzer Sozialmediziner am Dienstag im Deutschlandfunk und verwies unter anderem auf steigende Lebensmittelpreise. In der BRD seien 13 Millionen Menschen von Armut betroffen. Sie seien während der Coronapandemie zu kurz gekommen. Der parteilose Trabert war am Montag von der Fraktions- und Parteispitze nominiert worden. Gewählt wird am 13. Februar. (dpa/jW)

  • Leserbrief von Dennis Riehle aus Konstanz (14. Januar 2022 um 12:45 Uhr)
    Der Artikel klingt nach Hoffnung, als ob Die Linke bereits am untersten Ende der Umfragen angelangt wäre. Darauf möchte ich aber eher nicht spekulieren – denn ich sehe keinerlei Anzeichen dafür, dass der tiefste Punkt erreicht wäre. Im Gegenteil: Weiterhin liefert sich die Partei medienwirksame Auseinandersetzungen, zahlreiche prominente Austritte waren zu vernehmen, und Die Linke produziert eigenverantwortliche Skandale, die nicht wirklich von Geschlossenheit zeugen, sondern dem Außenstehenden verdeutlichen, dass die Partei es auch nach dem desaströsen Abschneiden am 26. September 2021 bis heute nicht vermochte, Ruhe in die eigenen Reihen zu bringen. Das liegt sicherlich an manchen Personalien, aber auch an Schlagzeilen wie jene um Klaus Ernst, Sahra Wagenknecht und die Fraktionsspitze, die offenbar in Disharmonie zu anderen Bundestagsabgeordneten und einigen Mitgliedern des Parteivorstandes steht und einigermaßen selbstbewusst inhaltliche Vorgaben beschlossen hat, an denen weder die Mitglieder noch die Entscheidungsgremien der Partei in irgendeiner Weise beteiligt waren. Ohnehin: Die vielversprochene Partizipation nach dem vernichtenden Ergebnis bei der Bundestagswahl scheint bis heute nicht wirklich in Gang gekommen zu sein, statt dessen will man im Karl-Liebknecht-Haus nun offenbar mit dem eigenen Bundespräsidenten-Kandidaten Trabert von den zahlreichen unbearbeiteten Baustellen in der Partei ablenken. Weiterhin ist man in der Führung der Linken nicht wirklich bereit, sich wieder auf Themen zu besinnen, die die bedürftigen und sozial schwachen Menschen als Kernklientel alltäglich beschäftigen. Das Theoretisieren über Gendersternchen, Abtreibung und Lifestyle vermittelt den Eindruck, als sei man in der Bedeutungslosigkeit verschwunden und von der Realität der Bürger völlig abgehoben. Der innerparteiliche Kommunikationsstil ist weiterhin derart angespannt, dass auch ich die Konsequenz gezogen und Die Linke als Mitglied verlassen habe. Die Flügelkämpfe sind so stark ausgeprägt, dass zwischen ostdeutschen Pragmatikern und westdeutschen Ideologen scharfe Töne fallen. Ein Einigungsprozess ist bislang nicht gelungen, viel eher scheint man über die Frage zur Regierungsbereitschaft tief zerstritten, außenpolitisch werden gravierende Pole sichtbar, die kaum miteinander verbunden werden können. Und nicht zuletzt fehlt es der Partei noch immer an einer Identität, nach einem Selbstverständnis sucht man vergebens. Denn in welche Richtung man künftig voranschreiten will, bleibt angesichts des notwendigen Spagats zwischen freiheitlichem Pragmatismus und sozialistischem Realismus komplett unklar. Zweifelhaft, ob es Die Linke jemals schaffen wird, die derzeit zumindest unüberbrückbaren Unterschiede in Philosophie und Weltanschauung einzelner Mitglieder oder ganzer Strukturen in der Partei zu überwinden, und Geschlossenheit zeigen kann.