»Schattenkrieg« auf See
Von Knut Mellenthin
Der Iran hat am Mittwoch offiziell mitgeteilt, dass sich am Vortag auf einem seiner Handelsschiffe eine »Explosion unbekannten Ursprungs« ereignet hat. Westliche Medien hatten über den Vorfall schon am Dienstag berichtet und von einem gezielten Anschlag mit einer Haftmine auf ein »Spionageschiff« gesprochen. Die New York Times behauptete unter Berufung auf eine anonyme US-Quelle, Israel habe die USA kurz nach der Explosion darüber informiert, dass militärische Kräfte seines Landes den Anschlag verübt hätten.
Von iranischer Seite wurde der Vorfall zunächst nicht bestätigt. Die meisten englischsprachigen Medien des Landes berichteten am Dienstag nicht darüber. Nur die Nachrichtenagentur Tasnim, die oft den »Revolutionsgarden« zugeordnet wird, brachte eine kurze Meldung. Am Mittwoch vormittag gab der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Said Khatibsadeh, auf einer Pressekonferenz die erste, nicht sehr informative Darstellung. Die von der Explosion betroffene »Saviz« habe sich zu dieser Zeit im Roten Meer in der Nähe der Küste von Dschibuti befunden. Menschen seien zum Glück nicht verletzt worden, die Sachschäden seien gering. Die Ursachen der Explosion würden derzeit untersucht.
Vorwürfe gegen jemanden erhob Khatibsadeh nicht und sprach auch nicht mit Bestimmtheit von einem Anschlag. Ausdrücklich bestritt er die westlichen Berichte, in denen die »Saviz« als Spionageschiff bezeichnet worden war. Khatibsadehs eigene Darstellung war jedoch widersprüchlich: Einerseits nannte er die »Saviz« ein Frachtschiff. Andererseits beschrieb er ihre Aufgaben jedoch so: Sie diene als »Irans logistische Station im Roten Meer und im Golf von Aden, schützt die Schiffahrtsrouten und sorgt für die Sicherheit von Frachtern und Tankern vor Piraten.«
Mit den Funktionen der Schiffes hatte sich am 26. Oktober vorigen Jahres eine ausführliche Darstellung auf der Website des U.S. Naval Instituts – einer formal privaten Einrichtung mit lobbyistischen Interessen und engen Beziehungen zu Militärkreisen – beschäftigt: Die »Saviz« sei zwar als Handelsschiff registriert, sei aber »höchstwahrscheinlich« ein »vorgeschobener Stützpunkt« der »Revolutionsgarden«. Sie liege schon seit einiger Zeit am südlichen Ausgang des Roten Meeres in der Nähe der Küste des Jemens vor Anker und habe sich Satellitenaufnahmen zufolge in den vergangenen drei Jahren kaum von der Stelle bewegt. Die Position sei hervorragend geeignet, den starken Schiffsverkehr durch die Meerenge Bab Al-Mandab zwischen dem Roten Meer und dem Golf von Aden mit elektronischen Geräten zu beobachten.
Der israelische Verteidigungsminister Benjamin Gantz lehnte es am Mittwoch gegenüber Journalisten mehrmals ab, zu den Gerüchten über eine Rolle seines Landes bei der Explosion auf der »Saviz« Stellung zu nehmen. Grundsätzlich betonte er aber, die israelischen Streitkräfte seien entschlossen und fähig, überall auf der Welt gegen jede Bedrohung vorzugehen. Zuletzt war Israel mit einem Anschlag auf ein iranisches Containerschiff in Verbindung gebracht worden: Die »Schahre Kord«, die sich auf dem Weg nach Syrien befand, war am 12. März im östlichen Mittelmeer von einem Gegenstand beschädigt worden, der ein – angeblich nur kleineres – Feuer an Bord auslöste. Die Tageszeitung Wall Street Journal behauptete damals unter Berufung auf anonyme US-Militärs, Israel habe bereits mindestens ein Dutzend iranische Schiffe angegriffen, die mit Erdöl an Bord nach Syrien unterwegs waren.
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