Angriff aufs Versammlungsrecht
Von Kristian Stemmler
Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft gegen linke Aktivisten oder Strukturen sind die eine Form der Repression. Eine andere, die für einzelne Personen erst einmal keine direkten Folgen hat, aber dennoch auf lange Sicht noch haben kann, sind die Angriffe aus Justiz und Politik auf das Versammlungsrecht. So wurden und werden die Prozesse, die in Hamburg gegen Gegner des G-20-Gipfels vom Juli 2017 geführt werden, dazu genutzt, den Straftatbestand »schwerer Landfriedensbruch« umzuinterpretieren.
Die Hamburger Staatsanwaltschaft will das Rad zurückdrehen – in die Zeit vor der Reform des Paragraphen 125 des Strafgesetzbuchs (StGB). Von 1871 bis 1970 war allein die »Zusammenrottung« zum Zwecke der Gewaltausübung aus der Menge heraus strafbar. Seit 1970 muss einem Demonstranten eine konkrete Tat nachgewiesen werden. Das Mitlaufen allein ist, auch innerhalb einer gewaltsam verlaufenden Versammlung, seitdem nicht mehr strafbar.
Die Anklagebehörde der Hansestadt will zurück zur alten Lesart des Paragraphen und setzt aktuell dabei vor allem auf den derzeit wegen der Pandemielage abgebrochenen »Rondenbarg-Prozess«, der aber vermutlich wieder aufgenommen wird. In dem Verfahren stehen fünf Gipfelgegner vor dem Landgericht, ohne dass ihnen eine konkrete Tat, wie etwa ein Stein- oder Flaschenwurf, vorgeworfen wird. Nach dem Willen der Staatsanwaltschaft sollen sie nur für die Teilnahme an dem Aufzug im Industriegebiet Rondenbarg im Juli 2017 verurteilt werden.
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