Rosenkavalier des Tages: Jack Ma
Von Simon Zeise
Jack Ma hat sich geirrt: Geld ist nicht Macht. Der Multimilliardär und Gründer des Onlinegiganten Alibaba hatte sich im vergangenen Jahr weit aus dem Fenster gelehnt: Das Finanzsystem Chinas sei veraltet, in der Regierung herrsche eine »Pfandleihermentalität« vor, tönte er. Ma wollte die Alibaba-Tochter Ant Financial, die den vielgenutzten Zahlungsdienst Alipay betreibt und über eine bunte Kreditpalette verfügt, im November 2020 an die Börse bringen. Die strenge Finanzaufsicht war ihm dabei ein Dorn im Auge.
Ma gab gern das Enfant terrible der KPCh. Das Verhältnis zu der Partei, der er angehört, fasste er mit den Worten zusammen: »Meine Philosophie ist es, die Regierung zu lieben – aber sie nicht zu heiraten.« Doch in Beijing hält man nichts von wilder Ehe. Und um klarzustellen, wer die Hosen anhat, wurde nur wenige Tage vor der geplanten Aktienausgabe der Börsengang von Ant Financial abgeblasen. Ma ward seither nicht mehr gesehen. Seine Teilnahme an der TV-Jury von »Africa’s Business Heroes«, auf die er sich nach eigenem Bekunden so gefreut hatte, fiel ins Wasser. Wochenlang sorgte sich die Wirtschaftsjournaille: »Wo ist Jack Ma?«
Am Mittwoch trat der Selfmademan dann erstmals wieder in der Öffentlichkeit auf. Die kleine Auszeit scheint ihm gutgetan zu haben – kein Wort von den alten Flausen über das Finanzwesen. In einem Video habe er statt dessen die Bemühungen der Regierung zur Eindämmung der Armut gepriesen. »Meine Kollegen und ich sind entschlossener denn je, uns der Bildung und dem Allgemeinwohl zu widmen«, zitierte ihn die Nachrichtenseite Tianmu News. Beijing weist Monopole in die Schranken. Ma muss seiner Liebsten Pralinen kaufen, will er nicht dauerhaft auf der Couch schlafen.
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vom 21.01.2021