Angst vor Correa
Von Marius Weichler
Der Nationale Wahlrat Ecuadors (CNE) hat am Mittwoch bis auf weiteres die Ausstrahlung eines TV-Spots des linken Bündnisses Union für die Hoffnung (Unes) für die Präsidentschaftswahlen am 7. Februar in der Provinz Pichincha, in der die Hauptstadt Quito liegt, verboten. Grund für die Maßnahme ist, dass der ehemalige Präsident Rafael Correa in dem Video erscheint, das für die Wahl des Linksbündnisses und dessen Kandidaten für die Präsidentschaft, Andrés Arauz und Carlos Rabascall, wirbt.
Der Expräsident war im September 2020 in einem von vielen als politisch motiviert bewerteten Verfahren in Abwesenheit wegen Bestechlichkeit zu einer Haftstrafe von acht Jahren verurteilt worden. Ursprünglich sollte Correa selbst als Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten Teil des progressiven Wahlvorschlags sein. Aufgrund der Verurteilung ist ihm das Bekleiden öffentlicher Ämter jedoch für bis zu 25 Jahre untersagt. Dessen ungeachtet ist der Linkspolitiker in der Bevölkerung weiterhin sehr beliebt.
Grund genug für den CNE einzuschreiten. In einer Stellungnahme begründete die Wahlbehörde ihre Entscheidung mit einem Verweis auf die ecuadorianische Verfassung. Demnach sei die Suspendierung politischer Rechte für rechtskräftig Verurteilte zulässig. Bereits in der Vergangenheit war die Behörde gegen Unes vorgegangen und hatte die Präsidentschaftskandidaten des Bündnisses erst nach langem Zögern und einer Entscheidung des Nationalen Wahlgerichts zugelassen.
Noch am Mittwoch verurteilte Arauz die Entscheidung als Verstoß gegen die Meinungsfreiheit und Versuch der Zensur. »Als politische Bewegung müssen wir das Recht haben, unsere politische Identität zu bewerben«, so der Präsidentschaftskandidat gegenüber Pressevertretern. Zudem kündigte er an, gegen die Entscheidung vor dem CNE in Berufung zu gehen und das Nationale Wahlgericht anzurufen. Auch den Gang vor internationale Gerichte schloss Arauz nicht aus.
Unterdessen zeichnet sich in den Umfragen ein Zweikampf um die Präsidentschaft zwischen Arauz und dem Multimillionär und ehemaligen Finanzminister Guillermo Lasso ab. Der amtierende Präsident Lenín Moreno, der zuletzt nur noch einstellige Zustimmungswerte hatte, tritt nicht erneut an. Insgesamt stehen 16 Kandidatenpaare zur Wahl.
Angesichts der Vielzahl der Antretenden ist unklar, ob es bereits in der ersten Wahlrunde einen Sieger geben wird. Dafür müsste ein Kandidat schon zu Beginn über 50 Prozent der Stimmen auf sich vereinen oder mit einem Abstand von mehr als zehn Punkten vorne liegen. Andernfalls kommt es zu einer Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen.
Unabhängig davon, wer das Land die kommenden vier Jahren regieren wird, ist bereits jetzt klar, dass auf die ecuadorianische Bevölkerung schwere Zeiten zukommen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) geht davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Andenstaats 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 9,5 Prozent zurückgegangen ist. Zudem leidet das Land unter dem nach wie vor niedrigen Ölpreis, 60 Prozent der Ausfuhren entfallen auf den Erdölexport. Für 2021 rechnen Weltbank und IWF zwar mit einem Zuwachs des BIP von 3,5 Prozent. Selbst das wäre allerdings zu gering, um die Verluste des vergangenen Jahres auszugleichen.
Hinzu kommt die Coronapandemie, von der Ecuador im südamerikanischen Vergleich besonders stark betroffen ist. Andere Staaten der Region haben bereits damit begonnen, ihre Bevölkerung zu impfen. Anders als beispielsweise Argentinien, das schon im Dezember damit begann, den in Russland entwickelten Impfstoff »Sputnik V« zu verabreichen, setzt Ecuador auf den US-Pharmakonzern Pfizer. Am Mittwoch erklärte Präsident Moreno in einer Videoansprache, die ersten Impfstoffdosen sollten das Land in der kommenden Woche erreichen. Bis März würden dann bis zu 87.000 statt der ursprünglich geplanten 50.000 Dosen zur Verfügung stehen. Kritiker werfen dem Präsidenten vor, bei der Impfstoffbeschaffung zu langsam vorgegangen zu sein und nur den Kauf westlicher Vakzine in Betracht zu ziehen. Mit russischen und chinesischen Firmen sei hingegen nicht einmal verhandelt worden.
Für Frieden & Journalismus!
Die junge Welt benennt klar, wer imperialistische Kriege vorbereitet und wer zum Weltfrieden beiträgt.
Mit einem Onlineabo unterstützen Sie unsere Berichterstattung, denn professioneller Journalismus kostet Geld.
Ähnliche:
- Agustin Marcarian/REUTERS10.09.2020
Internationaler Protest
- Daniel Tapia/REUTERS05.09.2020
Correa darf doch nicht kandidieren
- Dolores Ochoa/Reuters02.05.2019
Verfolgungswahn nimmt zu
Regio:
Mehr aus: Ausland
-
Gefeierter Oppositioneller
vom 16.01.2021 -
Solidarische Pause gefordert
vom 16.01.2021 -
Eigenverantwortung und Durchhalteparolen
vom 16.01.2021 -
Auf der Jagd
vom 16.01.2021 -
»Völkermord an den Tamilen findet weiterhin statt«
vom 16.01.2021