Termin für Landtagswahl wackelt
Von Marc Bebenroth
Das inzwischen merklich wackelige »rot-rot-grüne« Regierungsbündnis von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) in Thüringen wird auf eine weitere Probe gestellt. Die für den 25. April geplante Neuwahl des Landtages steht wegen des anhaltend schweren Verlaufs der Coronapandemie auf der Kippe. Die Spitzen der drei Regierungsparteien Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen sowie der CDU – die als »Stabilisierungsanker« das Dreierbündnis toleriert – trafen sich am Donnerstag in Erfurt, um über den Zeitplan für die Auflösung des Landtags und Neuwahlen zu entscheiden. Ein Beschluss wurde noch für Donnerstag erwartet, lag aber bis jW-Redaktionsschluss nicht vor.
Das Parlament müsste sich für einen Wahltermin im April bereits im Februar auflösen – also noch in der Hochphase der Pandemie und möglicherweise in einer Situation, in der Entscheidungen zum Infektionsschutz getroffen werden müssen. Thüringen verzeichnet derzeit im Bundesländervergleich die meisten Coronaneuinfektionen je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen. Regulär würde erst 2024 gewählt.
Die Fraktionschefin von Die Linke, Susanne Hennig-Wellsow, sprach sich kurz vor dem Treffen für eine Neuwahl »so früh wie möglich« aus. Sie signalisierte, dass sie sich auch einen Neuwahltermin im Juni vorstellen könne. CDU-Fraktionschef Mario Voigt nannte keinen Wunschtermin. »Wir hören uns an, was Rot-Rot-Grün vorschlägt«, sagte er. SPD-Fraktionschef Matthias Hey plädierte ebenfalls für eine Verlegung. Es sollte aber so früh wie möglich gewählt werden. »Die SPD hat nicht die Präferenz für eine Wahl im September«, erklärte Hey. Im Vorfeld hatten vor allem Vertreter aus dem »rot-rot-grünen« Lager den bisher angepeilten Termin am 25. April in Frage gestellt.
Bedenken gibt es bei allen vier Parteien vor allem beim Punkt Wahlvorbereitung. Die vorgezogene Neuwahl ist an die Bedingung gebunden, dass sich der Landtag mit einer Zweidrittelmehrheit auflöst. Erst nach einer Parlamentsauflösung können die Parteien mit den Vorbereitungen auf die Wahl beginnen. Dafür sind unter anderem Parteitage und Versammlungen von Kreisverbänden nötig, um Wahllisten und die Direktkandidaten aufzustellen.
Eine eventuelle Verschiebung der Wahl würde allerdings bedeuten, dass Linke, SPD und Grüne noch einige Zeit miteinander als Koalitionspartner auskommen müssen. Das könnte schwierig werden. Offenbar ist man in der Regierung nämlich inzwischen derart zerstritten, dass damit gerechnet wird, dass SPD und Grüne ohne klare Koalitionsaussage in den Wahlkampf gehen und es nicht sicher ist, ob es eine Neuauflage der »rot-rot-grünen« Regierung geben würde, wenn nach der Wahl wieder eine Mehrheit dafür da ist, wie die Thüringer Allgemeine in dieser Woche berichtete. »Die Situation ist manchmal kaum noch auszuhalten«, zitierte das Blatt einen »führenden Koalitionär«.
Ein wesentlicher Faktor der Verstimmung dürfte dabei Ramelows Zickzackkurs im Umgang mit der Pandemie sein, mit dem er viele Koalitionsmitglieder offenbar überrumpelte. Ramelow sprach zu Beginn der Pandemie davon, dass bis zu 60.000 Menschen im Freistaat am Coronavirus sterben könnten, und forderte harte Beschränkungen des öffentlichen Lebens. Dann allerdings sprach sich der Ministerpräsident bis Ende Oktober vehement gegen jede Form eines neuen »Lockdowns« aus. Mittlerweile hat Ramelow die nächste Kehrtwendung vollzogen und plädiert einmal mehr für möglichst drastische Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie.
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