Männer und Quarantäne, ihr wisst schon: »Alles gut?« von Nikolaus Heidelbach
Von Lena Reich
Ein Revival von Tagebüchern ist während des Lockdowns zu erleben. Das ist nicht immer lustig für die Lesenden, in diesem speziellen Fall hier aber schon. »Alles gut?« heißt das Buch des begnadeten Zeichners Nikolaus Heidelbach. In zynische, dreckige und unbeschreiblich schöne Tuschebilder bannt er die Angst des weißen Mannes vor dem Tod. Inklusive Kurznotizen und Fieberkurve.
Männer und Krankheiten, ihr wisst schon: Die Gefahr lauert überall. Da schwebt das Virus wie ein Dementor mit Mundschutz und Pantoffeln über den Flur, wird die alleinerziehende Nachbarin zur Qualle. Auf Abstand! lautet das Kommando und: Ab ins Haus!
Heidelbach, gerade 65 Jahre alt geworden, zeigt das Heim als den unwirklichsten aller Orte: Eine Faultierklaue liegt auf dem Geländer der Treppe in einen Keller, den es gar nicht gibt. Spargel wächst im Salon. Kreaturen und Nachtschränke tummeln sich vor Wänden, deren Muster an erotische LSD-Trips erinnern. In echt rühren sie von einer gewissen Faulheit, Hintergründe zu zeichnen, aber auch daher, dass der kleine Nikolaus trotz eines malenden Vaters nur ein Tapetenmusterbuch als Lektüre hatte. Darum stecken Heidelbachs kindliche Protagonisten auch immer in Körpern erwachsener Männer, die sich quälen und überwinden müssen.
»Donnerstag, 7.5.2020 (schon wieder Vollmond) 37,3 Grad: Unruhig. Zu viel TV. Im bunten Salon lehnt ein sturzbetrunkener Saibling an der Wand. Stelle mich eine Weile dazu.«
»Alles gut?« ist die größte aller Verschwörungstheorien.
Nikolaus Heidelbach: Alles gut? Kampa-Verlag, Zürich 2020, 64 Seiten (vierfarbig), 16 Euro
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