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Online Extra
18.05.2020, 19:38:24 / Ausland
Coronakrise

EU-Wiederaufbaufonds: Berlin akzeptiert gemeinsame Verschuldung

Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron
»Außergewöhnliche Kraftanstrengung«: Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem zugeschalteten französischen Präsidenten Emmanuel Macron (18.5.)

Berlin/Paris. Für den Wiederaufbau nach der Coronakrise will Deutschland erstmals eine enorme europäische Schuldenaufnahme über den EU-Haushalt akzeptieren. Gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron schlug Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag ein Programm zur wirtschaftlichen Erholung im Umfang von 500 Milliarden Euro vor. Dies könnte vor allem von der Pandemie stark betroffenen Staaten wie Italien und Spanien Luft verschaffen. Das sagte Kanzlerin Angela Merkel nach einer Videokonferenz mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Montag.

Merkel warb für eine »außergewöhnliche, einmalige Kraftanstrengung«, zu der Deutschland und Frankreich bereit seien, damit »Europa gestärkt, zusammenhaltend und solidarisch aus dieser Krise kommt«. Die Brüsseler EU-Kommission begrüßte den Vorschlag. Der Plan muss von allen 27 EU-Staaten einstimmig beschlossen werden.

Das Geld soll als Zuschuss und nicht als Kredit gezahlt werden, betonten Merkel und Macron. Die EU-Kommission soll dazu ermächtigt werden, bis zu 500 Milliarden Euro an gemeinsamen Anleihen aufzunehmen. Die Hilfen sollten nicht von jenen zurückgezahlt werden, die sie erhielten, sagte Macron. Geplant ist vielmehr, dass die auf EU-Ebene aufgenommenen Schulden über einen Zeitraum von etwa 20 Jahren aus dem EU-Haushalt abgestottert werden. Deutschland ist hier der größte Netto-Beitragszahler.

Nötig für den deutsch-französischen Plan wäre wahrscheinlich die Erhöhung der sogenannten Eigenmittelobergrenze im EU-Haushaltsrahmen für zwei bis drei Jahre. Praktisch sind dies weitere Zusagen der EU-Staaten für den EU-Haushalt. Diese werden nicht sofort als Einzahlung fällig; vielmehr werden sie als Garantien benutzt, um am Kapitalmarkt Geld aufzunehmen und so den EU-Haushalt für begrenzte Zeit drastisch aufzustocken.

Deutschland hatte lange Vorbehalte dagegen, solche per Kredit aufgenommenen Gelder als Zuwendungen an Krisenstaaten auszuzahlen. Denn so müssten die europäischen Schulden nicht vom Empfängerstaat, sondern gemeinsam zurückgezahlt werden, voraussichtlich aus dem EU-Haushalt oder eigenen EU-Einnahmen. In dieser Frage hat sich die Bundesregierung nun bewegt. Frankreich hat seinerseits Zugeständnisse gemacht und akzeptiert, dass die Mittel über den EU-Haushalt verteilt werden. Das gemeinsame Konzept bedeutet stattdessen, dass die üblichen EU-Haushaltsregeln gelten, nur Projekte finanziert werden und nicht etwa der Staatshaushalt einzelner Mitgliedsstaaten. Der Unterschied zu »Coronabonds« ist auch, dass die gemeinsame Haftung für die Schulden begrenzt ist auf den Umfang der Garantien im Haushalt.

Merkel und Macron forderten die EU-Kommission auf, nun ihrerseits Vorschläge vorzulegen. Merkel deutete an, dass es langfristig auch eine Debatte über eine Änderung der EU-Verträge geben müsse, um eine weitere Integration in der EU zu ermöglichen. Macron nannte eine EU-Zuständigkeit auch in Gesundheitsfragen als wichtig. »Der Nationalstaat alleine hat keine Zukunft«, sagte Merkel. (dpa/Reuters/jW)

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