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Aus: Ausgabe vom 16.12.2013, Seite 12 / Feuilleton

Die »Esso-Häuser« brauchen dich

In der Nacht zum Sonntag sind Teile des Spielbudenplatzes auf der Hamburger Reeperbahn gesperrt und die Bewohner der sogenannten Esso-Häuser evakuiert worden. Sie sollen gegen halb elf unabhängig voneinander die Polizei alarmiert und glaubwürdig von »wackelnden Wänden« berichtet haben. Bei solchen Erschütterungen sei eine Einsturzgefahr gegeben, meinten die Einsatzkräfte, brachten die Mieter zum Teil in Notunterkünfte und schlossen die angrenzenden Bars, Restaurants und Diskotheken sowie die Tankstelle, von der die maroden Häuser ihren Namen haben.

Zu einiger Berühmtheit brachten es die »Esso-Häuser« in den vergangenen Jahren als letzte Bollwerke gegen die rasante Gentrifizierung. Das Areal, auf dem sie stehen, wurde im Mai 2009 von der Bayerischen Hausbau gekauft, die es nach Abriß der 1961 fertiggestellten Scheibenwohnhäuser neu bebauen will. Auf dem aktuellen Album der Goldenen Zitronen ist von diesen Investoren als »Bayrischen Babyloniern« die Rede. Der Refrain des Liedes geht so »United we stand, divided we fall – die Esso-Häuser brauchen dich –, with our backs against the wall!«

Noch etwas älter als diese Platte ist ein »Manifest« zum Erhalt der Häuser, in dem konstatiert wird: »Weder der Vorbesitzer noch die Bayerische Hausbau haben für die Instandhaltung Sorge getragen« Und: »Gerade weil St. Pauli zunehmend mit Event-Architektur zugestellt wird, meinen wir: Es darf keinen Abriß auf diesem Schlüsselgrundstück geben! Sanierung im Bestand ist angesagt!« Zu den Erstunterzeichnern gehören Rolf Becker, Jan Delay, Jochen Distelmeyer, Andrej Holm, Udo Lindenberg, Michaela Melián, Daniel Richter, Harry Rowohlt, Rocko Schamoni.

Noch in der Nacht zu Sonntag hat nach Auskunft des zuständigen Bezirksamts Hamburg-Mitte ein Bauprüfer die Gebäude inspiziert. Die Überprüfung durch einen Statiker stand am Sonntag vormittag noch aus. »Das Entscheidende ist, daß niemanden etwas passiert ist«, sagte Bezirkschef Andy Grote (SPD). Nach ursprünglichen Planungen sollten die Wohnungen bis zum 1. Juli 2014 geräumt werden. (dpa/jW)

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