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Aus: Ausgabe vom 22.02.2013, Seite 3 / Schwerpunkt

Hintergrund: Saakaschwili-Kritiker berichten über Folter

Bei einer Massenamnestie sind Mitte Januar in Georgien 190 politische Häftlinge freigelassen worden. Nach juristischen Prüfungen sollen weitere 3000 Gefangene auf freien Fuß gesetzt werden. Trotz eines Vetos von Präsident Michail Saakaschwili hatte das neue gewählte Parlament ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Wütend hatte der Staatschef gegen die »unzulässige Freilassung von russischen Spionen, Rebellen und Gewalttätern« gewettert und vor den großen Gefahren gewarnt, die durch die Freilassung dieser vielen kriminellen Elemente entstünden.

Eine vom Westen nur zu gerne übersehene »Spezialität« Saakaschwilis war es, Aktivisten der Opposition als »russische Spione« aburteilen zu lassen. Viele von ihnen fanden sich nun unter den Entlassenen, ebenso wie Aktivisten, die bei den Massenprotesten gegen den Präsidenten am 26. Mai 2011 festgenommen worden waren. Auch der ehemalige Verteidigungsminister und Regimekritiker Irakli Okruaschwili kam frei, nachdem die Anschuldigungen wegen Korruption und Vorbereitung eines Umsturzes fallengelassen worden waren.


Bereits letzten September waren Mißhandlungen und Folterpraktiken in Saakaschwilis Gefängnissen an den Tag gekommen. Nach US-Vorbild hatten Wächter im Gldanskaja-Gefängnis in Tbilissi Häftlinge mißhandelt und sich beim Foltern gefilmt. Ein Mitarbeiter des Gefängnisses hatte die Videos zwei TV-Sendern zugespielt, die die grausamen Bilder von Prügelorgien und Vergewaltigungen öffentlich machten. Mittlerweile ist klar, daß Folter und Mißhandlung von Saakaschwili-Regimegegnern an der Tagesordnung waren. Das hat auch der Politologe Wachtang Maisaja, Professor an der Universität Tbilissi, am eigenen Leib erfahren. Der Kritiker Saakaschwilis (»kaukasischer Pol Pot«) war mit der Beschuldigung inhaftiert worden, er habe gleichzeitig mit den Geheimdiensten der NATO und Rußlands kooperiert. Gegenüber der »Stimme Rußlands« erklärte Maisaja nach seiner Freilassung: »Absurde Anschuldigungen wurden gegen absolut all jene politisch ›unzuverlässige‹ Vertreter der georgischen Opposition erhoben. Das reale Motiv war jedoch politisch: Ich habe es mir erlaubt, mich kritisch gegenüber Saakaschwili zu äußern. Ich habe ihn für die Vergehen kritisiert, die er während des Krieges [2008, jW] begangen hat, dafür, daß er die friedliche Stadt Tschinwali bombardiert hat.« (rwr)

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