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Leserbriefe

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Leserbrief zum Artikel Protest gegen rechten Aufmarsch: Nazigegner mobilisieren nach Dresden vom 13.02.2021:

Saat des Faschismus

Ich möchte mich auf diesem Wege zu obigen Artikel äußern. Zunächst gebührt mein Dank der Autorin, dass sie sich des Themas angenommen hat, über das aktuelle Geschehen in Dresden rund um dieses Wochenende informiert und mit klarem antifaschistischen Standpunkt die Revisions- und Missbrauchsversuche von rechts zurückweist. Dennoch halte ich es für notwendig, einige kritische Anmerkungen zu machen: im ersten Abschnitt schreibt die Autorin von einer Bombardierung durch die Alliierten. Nach meinem historischen Verständnis waren die Alliierten die Mächte der Antihitlerkoalition: Sowjetunion, USA und Großbritannien. Haben sowjetische Flieger am Angriff auf Dresden teilgenommen? Wird hier nicht (unbewusst und ungewollt?) die immer mal wieder kolportierte Lüge unterstützt, das sowjetische Oberkommando habe um diesen Luftschlag gebeten? Wenige Zeilen später schreibt die Autorin richtigerweise von anglo-amerikanischen Luftangriffen. Warum also erst diese Ungenauigkeit?
Viel gravierender, auch durch die Kürze des Artikels nicht entschuldbar, ist die Benennung der Ursachen für diese Operation »Thunderclap« (Donnerschlag): Dresden sei eine wichtige Garnisonsstadt und infrastrukturelles Zentrum für die Versorgung der Front im Osten gewesen. Selbst wenn das pauschal so zutreffen würde, erkennt man klar anhand der Zielplanung und deren realer Umsetzung, dass die wichtigsten Rüstungs- und Militäranlagen davon nicht betroffen waren. Weder das Industriegelände in Dresden-Nord noch die Luftkriegsschule, der Flugplatz, große Rüstungsbetriebe, ja sogar das Benzinlager an der Elbe im Nordwesten waren von den Luftangriffen betroffen. Ziel war die Dresdner Innenstadt!
Völlig ausgeblendet wird die Tatsache, dass »Donnerschlag« im engen Zusammenhang mit der Konferenz von Jalta steht, auf der die »großen Drei« über die Zukunft Deutschland verhandelten. Für Winston Churchill, zugleich beeindruckt und erschrocken über die schnellen militärischen Erfolge der Roten Armee, war ein »Big stick« das Mittel, um aus einer Position der Stärke heraus in die Verhandlungen einzutreten. Und dieser große Knüppel war die Zerstörung Dresdens.
Der englische Minister Richard H. S. Crossmann schrieb dazu in der November-Nummer 1963 der Zeitschrift Esquire: »Was erforderlich war, so entschied er (W. C.), war der Donnerschlag einer Vernichtung durch angloamerikanischen Luftangriff, so entsetzlich in seiner Zerstörung, die er rachedurstig auslöste, dass selbst Stalin davon beeindruckt sein würde. Der 25. Januar war der Tag, an dem die Entscheidung fiel, die darauf hinauslief, Dresden auszulöschen.«
Die Zurückweisung rechter und rechtskonservativer Geschichtsrevision des (Bomben-)Opfermythos des deutschen Volkes kann nicht gelingen, wenn die wahren Ursachen für die Luftangriffe vom 13.–15.Februar 1945 verschwiegen werden. Diese Ursachen sind in ihrer historischen Kausalität aufzudecken und klar zu benennen:
Ohne 30. Januar 1933, die Machtübertragung an den deutschen Faschismus, kein 1. September 1939, kein Krieg in Westeuropa, kein faschistischer Bombenterror gerade auch gegen Großbritannien und kein 21. Juni 1941– der Überfall auf die Sowjetunion! Was Dresden wie andere Städte Deutschlands »erntete«, war die Saat des deutschen Faschismus! Gestatten sie mir, zum Schluss zwei Literaturhinweise zum Verständnis beizutragen:
Walter Weidauer: Inferno Dresden, Dietz-Verlag Berlin, 1965 bis 1990 in mehreren Auflagen,
Prof. Dr. sc. Horst Schneider: Anmerkungen zur Rolle Dresdens bei der Kriegsplanung und psychologischen Kriegführung in der jüngsten deutschen Geschichte, Beitrag zum 13. Dresdner Friedenssymposium am 12. Februar 2005.
Herzliche solidarische Grüße an die jW und weiterhin Erfolg in ihrem Kampf für Frieden, Gerechtigkeit und eine sozialistische Alternative!
Frank Weidauer, Hohenmölsen
Veröffentlicht in der jungen Welt am 16.02.2021.
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