Leserbrief zum Artikel Kapitalismus und Wohnungsmarkt: Ganz normale Anomalie
vom 12.01.2021:
Wuchtige Worte
Die beiden Aufsätze von Theo Wentzke zum Grundeigentum haben mir gut gefallen, danke dafür. Passend zum Thema fand ich im Fotobuch »Terra« des Sebastião Salgado (1997 bei Zweitausendeins) eine Vorrede des großen portugiesischen Schriftstellers Jose Saramago (1922–2010; Nobelpreis 1998), in der er mit wuchtigen und klaren Worten das Thema privater Grundbesitz abhandelt. Vielleicht können Sie das an Herrn Wentzke weiterleiten? Hier ein Textauszug: »Es begab sich, dass die Erde nun ausreichend bevölkert war mit den Kindern und Kindeskindern unserer Stammutter und unseres Stammvaters; doch hatten einige von ihnen vergessen, dass, wenn der Tod allen gehört, auch das Leben allen gehört, und damit begonnen, Striche auf dem Boden zu ziehen, Pfähle zu setzen, Mauern aus Stein zu errichten und dann zu verkünden, dass es von nun an verboten sei (ein neues Wort), diesen von ihnen abgesteckten Boden zu betreten, unter Androhung einer Strafe, die je nach Zeiten und Bräuchen die Todesstrafe oder der Kerker oder eine Geldstrafe oder wiederum die Todesstrafe sei. Ohne dass man bis heute wüßte, warum ... hatten diese unsere Urahnen ... gegen diesen Missbrauch, der das in Privatbesitz verwandelte, was vorher allen gehörte, nicht nur nicht protestiert, sondern auch geglaubt, dies sei die unumstößliche und natürliche Ordnung der Dinge, die von nun an zu einem Thema wurde.« Soweit das zentrale Textstück Saramagos. Er schildert dann noch die brutalen Massaker, die an den Landlosen in Brasilien von Milizen begangen wurden. Saramago war Kommunist.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 16.01.2021.