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Leserbrief zum Artikel Aus Leserbriefen an die Redaktion vom 15.10.2020:

Analyse ist eine Waffe

Joachim Seider schreibt in seiner Antwort auf den Leserbrief »Analyse statt Apologie«, man könne sich eine Analyse nicht leisten, weil man aufgrund der antikommunistischen Propaganda gegen die DDR zu etwas Apologie gezwungen sei, das sei immerhin ein »Trostpflaster«. Lieber Herr Seider, von einem Trostpflaster können wir uns auch nichts kaufen. Es ist ein Dauerfehler Linker aller Strömungen, der Analyse keine Beachtung zu schenken, weil sie glauben, die Analyse ließe sich auf dem Marktplatz der Ideen nicht an den Mann bringen. Das hat Marx in seinem Kapital zum Glück nicht gemacht, sonst wäre sein Hauptwerk nämlich nicht zu gebrauchen gewesen. Eine richtige Analyse ist eine Waffe, sie ist die Voraussetzung für jede ernsthafte Bemühung, die Gesellschaft zu verändern. Eine Apologie ist das genaue Gegenteil. Statt Klarheit stiftet sie Verwirrung.
Ted Wolpers

Kommentar jW:

Auf diesen Brief antwortete Joachim Seider:

Ted Wolpers hat recht, wenn er Wissenschaftlichkeit und Parteilichkeit als Gegensätze begreift. Allerdings sind sie das nicht nur im abstrakt logischen, sondern auch im dialektischen Sinn: Das eine ist ohne das andere nicht zu haben. Alle Wissenschaftlichkeit ist für die Katz, wenn sie nicht zu klären vermag, wem und was sie nützen will. Warum sollen sich ausgerechnet die Linken schämen, wenn sie Partei ergreifen? Weil sie sich für die Schwachen und Benachteiligten einsetzen? Man lese nur Kapitel 24 des »Kapitals«, in dem Marx die ursprüngliche Akkumulation wissenschaftlich seziert, um zu verstehen, wie er da auch Partei ergreift. Oder das »Kommunistische Manifest«, das vor Parteinahme nur so strotzt. Waren er und Engels deshalb etwa Apologeten?

Veröffentlicht in der jungen Welt am 19.10.2020.
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