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Leserbrief zum Artikel Linkspartei: Die loyalste Opposition vom 18.09.2019:

Legendenbildung

Mit ihren Elf Thesen rechnen die Autoren mit der gegenwärtigen Linkspartei ab. Ihre Zustandsbeschreibung trifft im Großen und Ganzen zu. Die Linkspartei ist eine desolate, opportunistische und von Berufsbonzen okkupierte Anpassungspartei. Külow und Lieberam zaubern aber eine Periode in ihre Geschichte hinein, in der die Linke eine kämpferische sozialistische Partei gewesen sein soll. Den Beweis dafür bleiben sie schuldig. Der ist auch nicht zu führen. Zwischen der PDS unter Gysis und der Linkspartei unter Wagenknechts Fuchtel ist kein Bruch nachzuweisen, in keiner Hinsicht. Wagenknecht und ihre Leute wahrten nicht nur die Kontinuität, sie beschleunigten die Anpassung. Die Autoren nennen keinen Namen, doch es ist offensichtlich, dass sie Wagenknecht meinen, unter deren Führung die Linkspartei eine kämpferische sozialistische Partei gewesen sei. Das entworfene Bild ist grotesk. Was Feldbauer über die von Gysi und seinen Reformern geformte PDS sagt, ist sie bis zu ihrem Verfall geblieben. Wagenknecht hätte zuerst mit Gysis Erbe aufräumen müssen, um einen kämpferischen sozialistischen Weg einzuschlagen, statt ununterbrochen sich selbst herauszuputzen. Sie sei von Höflingen der Bourgeoisie weggeputscht worden, wird indirekt behauptet, die den Zustand hergestellt hätten, den sie mit ihren elf Thesen angreifen. Wagenknecht machte als Ikone der Ziegenhalsfahrer und Anbeterin Stalins von sich reden. An sich keine beachtenswerte revolutionäre Leistung; doch immerhin ein gelungener Coup in Sachen Public Relations. Mit ihrem Buch »Reichtum ohne Gier« übertrifft sie Gysis Opportunismus noch um einige Nuancen. Die Autoren der elf Thesen sollten es lesen, bevor sie in Versuchung geraten, an ihrer Legendenbildung weiterzustricken.
W. R. Gettél
Veröffentlicht in der jungen Welt am 14.01.2020.
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