Leserbrief zum Artikel Linkspartei: Die loyalste Opposition
vom 18.09.2019:
Gespiegelte Ratlosigkeit
Der engagierte Beitrag der beiden Professoren beinhaltet zwei bemerkenswerte Aspekte, der eine angesprochen, der andere nicht. Zum ersteren:
»Ohne die gesellschaftliche Kraft eines revolutionären Durchbruchs (wie ... 1918 ...)«, so meinen die Autoren, wird es »weder einen wirklichen politischen Richtungswechsel noch die Öffnung des Weges für einen neuen Sozialismus geben«. Was für ein aufrührerischer Zuruf. Aber die Geschichte ist, Lenin sei Dank, weder so einfältig noch so armselig, dass sie analoger Wiederholungen oder Schablonen bedürfte. Bekanntlich haben sich die meisten gesellschaftlichen Umwälzungen durch die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft infolge neuer Betriebsweisen ergeben. Deren Kennzeichen sind Veränderungen in der gesellschaftlichen Reproduktion, hervorgerufen z. B. durch technologischen Wandel, Bevölkerungsbewegungen, den Umbau von Güterketten oder radikale Gesetzen (siehe z. B. die sozialen Folgen der Preußischen Reformen ab 1807). Die neu entstandenen Anpassungsprofile an die Menschen haben so still wie höchst revolutionär zwangsläufig zu neuen sozialen Grenzziehungen bis hin zu Untergang wie Aufstieg sozialer Strukturen, also Klassen und Schichten, geführt (frei nach Andrea Komlosy). Die Soziologie wird auf diese Weise zum Spiegel der Ökonomie und nicht einer erträumten politischen Revolutionsgeschichte.
Zweitens. Friedrich Engels hat es uns 1895 mit seinem Vorwort zur Neuausgabe von »Die Klassenkämpfe in Frankreich« von Marx ins Stammbuch geschrieben: Es gilt, die Zeitgeschichte, d. h. auch die Geschichte von Parteien egal welcher Farbe, mit Hilfe der materialistischen Auffassungsweise aus der gegebenen ökonomischen Lage heraus zu erklären. D. h. der kausale Zusammenhang von politischen Begebenheiten und deren Akteuren und Parteien ist zurückzuführen auf »in letzter Instanz« (Engels) ökonomische Ursachen. D. h. Inhalt der materialistischen Methode ist es, die politischen Konflikte auf »Interessenkämpfe der durch die ökonomische Entwicklung gegebenen ... Gesellschaftsklassen und ... Fraktionen« zu erklären und »die einzelnen politischen Parteien nachzuweisen als den mehr oder minder adäquaten politischen Ausdruck« (Engels) derselben.
Unsere beiden Profs dagegen suchen den »Ursprung« der »Malaise« in einem »verlorenen ... Willen« und sind damit noch Meilen von Stammvater Engels von vor 124 Jahren entfernt. Die Ratlosigkeit der Partei Die Linke wird daher durch ihre Kritiker lediglich reflektiert, nicht erhellt.
»Ohne die gesellschaftliche Kraft eines revolutionären Durchbruchs (wie ... 1918 ...)«, so meinen die Autoren, wird es »weder einen wirklichen politischen Richtungswechsel noch die Öffnung des Weges für einen neuen Sozialismus geben«. Was für ein aufrührerischer Zuruf. Aber die Geschichte ist, Lenin sei Dank, weder so einfältig noch so armselig, dass sie analoger Wiederholungen oder Schablonen bedürfte. Bekanntlich haben sich die meisten gesellschaftlichen Umwälzungen durch die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft infolge neuer Betriebsweisen ergeben. Deren Kennzeichen sind Veränderungen in der gesellschaftlichen Reproduktion, hervorgerufen z. B. durch technologischen Wandel, Bevölkerungsbewegungen, den Umbau von Güterketten oder radikale Gesetzen (siehe z. B. die sozialen Folgen der Preußischen Reformen ab 1807). Die neu entstandenen Anpassungsprofile an die Menschen haben so still wie höchst revolutionär zwangsläufig zu neuen sozialen Grenzziehungen bis hin zu Untergang wie Aufstieg sozialer Strukturen, also Klassen und Schichten, geführt (frei nach Andrea Komlosy). Die Soziologie wird auf diese Weise zum Spiegel der Ökonomie und nicht einer erträumten politischen Revolutionsgeschichte.
Zweitens. Friedrich Engels hat es uns 1895 mit seinem Vorwort zur Neuausgabe von »Die Klassenkämpfe in Frankreich« von Marx ins Stammbuch geschrieben: Es gilt, die Zeitgeschichte, d. h. auch die Geschichte von Parteien egal welcher Farbe, mit Hilfe der materialistischen Auffassungsweise aus der gegebenen ökonomischen Lage heraus zu erklären. D. h. der kausale Zusammenhang von politischen Begebenheiten und deren Akteuren und Parteien ist zurückzuführen auf »in letzter Instanz« (Engels) ökonomische Ursachen. D. h. Inhalt der materialistischen Methode ist es, die politischen Konflikte auf »Interessenkämpfe der durch die ökonomische Entwicklung gegebenen ... Gesellschaftsklassen und ... Fraktionen« zu erklären und »die einzelnen politischen Parteien nachzuweisen als den mehr oder minder adäquaten politischen Ausdruck« (Engels) derselben.
Unsere beiden Profs dagegen suchen den »Ursprung« der »Malaise« in einem »verlorenen ... Willen« und sind damit noch Meilen von Stammvater Engels von vor 124 Jahren entfernt. Die Ratlosigkeit der Partei Die Linke wird daher durch ihre Kritiker lediglich reflektiert, nicht erhellt.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 23.09.2019.