Leserbrief zum Artikel Nach den Landtagswahlen: Dauerhafter Faktor
vom 07.09.2019:
Antivölkische Klassenpolitik
Dass die völkisch-nationalistische AfD große Wahlerfolge erzielt, weil sie zunehmend von Lohnabhängigen gewählt wird, hat seinen Grund in der Ethnisierung der sozialen Frage. Indem die AfD-Ideologen die soziale Frage ethnisieren, deuten sie die vertikale soziale Frage hurtig um in eine horizontale. Der real existierende Gegensatz zwischen den Reichen oben, die Produktionsmittel besitzen, und den Armen unten, die bloß ihre Arbeitskraft besitzen, wird auf diese Weise hinweginterpretiert. An die Stelle des Klassengegensatzes zwischen Kapitalisten und Lohnarbeitern lassen die völkischen Ideologen sodann die Konflikte zwischen innen und außen treten. Zum grundlegenden Gegensatz werden dergestalt die Konflikte zwischen Migranten und einem als homogen herbeiphantasierten deutschen Volk. Im Originalton klingt die völkische Umdeutung der sozialen Frage so: »Die neue deutsche soziale Frage des 21. Jahrhunderts ist die Frage nach der Verteilung des Volksvermögens von innen nach außen.«
Dieser völkischen Neuinterpretation der sozialen Frage stimmen etliche Lohnabhängige zu, weil in ihrem Alltagsbewusstsein »gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit« wirkungsmächtig ist. Sie richtet sich vornehmlich gegen (Flucht-)Migranten, deren (halluzinierter) »Landraub« gestoppt werden müsse. Gestoppt werden könnte der Aufstieg der völkisch-nationalistischen AfD mittels einer »inklusiven demokratischen Klassenpolitik«, schreibt der Soziologe Dörre in dem Buch »Arbeiterbewegung von rechts?« (Campus-Verlag, 2018). In deren Zentrum müsse stehen die Interessenvertretung aller Lohnabhängigen – seien sie nun Eingeborene oder Migranten. Dabei komme es letztlich darauf an, den Rassismus, der die Basis des völkischen Populismus ist, »nicht nur zu kritisieren, sondern die gesellschaftlichen Verhältnisse zu verändern, die ihn hevorbringen«. Gestoppt werden müsste also der »Mahlstrom des Marktes«, der die lohnabhängigen Menschen zu »variablem Kapital« (vulgo »Humankapital«) verdinglicht.
Dieser völkischen Neuinterpretation der sozialen Frage stimmen etliche Lohnabhängige zu, weil in ihrem Alltagsbewusstsein »gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit« wirkungsmächtig ist. Sie richtet sich vornehmlich gegen (Flucht-)Migranten, deren (halluzinierter) »Landraub« gestoppt werden müsse. Gestoppt werden könnte der Aufstieg der völkisch-nationalistischen AfD mittels einer »inklusiven demokratischen Klassenpolitik«, schreibt der Soziologe Dörre in dem Buch »Arbeiterbewegung von rechts?« (Campus-Verlag, 2018). In deren Zentrum müsse stehen die Interessenvertretung aller Lohnabhängigen – seien sie nun Eingeborene oder Migranten. Dabei komme es letztlich darauf an, den Rassismus, der die Basis des völkischen Populismus ist, »nicht nur zu kritisieren, sondern die gesellschaftlichen Verhältnisse zu verändern, die ihn hevorbringen«. Gestoppt werden müsste also der »Mahlstrom des Marktes«, der die lohnabhängigen Menschen zu »variablem Kapital« (vulgo »Humankapital«) verdinglicht.