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Leserbrief zum Artikel Kuscheln mit der Bundeswehr: Tarnfarbe Grün vom 17.06.2019:

Klare Aufgabe

Erschrocken und fassungslos blickte ich gestern morgen auf unser Titelblatt … Lobbyverliebt, wie Cem Özdemir nun mal ist, war es keine wirkliche Überraschung, ihn irgendwann mal auch im aktiven Kriegstreiberdienst zu sehen. Spätestens seit dem Krieg in Jugoslawien wissen wir, dass Bündnis 90/Die Grünen kein Friedensprojekt sind. Aber das scheint vielen Wählern der neuen hippen Grünen weniger bewusst zu sein. Ebenso wie ihre landespolitischen Entscheidungen von Baden-Württemberg, Hessen oder Rheinland-Pfalz. Dort, wo sie mitregieren, verlieren sie in Windeseile ihren rebellischen und ökologischen Charme und zeigen wie alle anderen Parteien, dass ihnen Geld, Macht und die Sicherung der »Tröge« wichtiger sind als die Ziele, welche sie auf »umweltfreundlichen« Wahlplakaten zur Schau stellen. Nun bereitet man sich also mit einer solchen Werbestrategie auf Schwarz-Grün vor, man möchte Stärke zeigen. Während Robert Habeck und Annalena Baerbock zwischen jungen, urbanen Menschen posieren und sich trotz ihrer aktiven Verweigerung beim Klimaschutz in Landesebenen als Helden für die »Fridays for Future«-Bewegung feiern lassen, fahren nun also Özdemir und Lindner im Panzer durch den Schlamm und bewerben die »Helden« der »Heimat«. Allein bei der Sprache muss es Linke doch schon gruseln, oder?
Aber was macht meine Partei nach diesem traumatisierenden Wahlergebnis? Richtig, wir suchen den Fehler nicht bei uns, nicht in der Frage, ob wir vielleicht unser friedenspolitisches Profil schärfen sollten oder ob wir unsere Haltung zur immer schneller in Richtung Krieg drehenden Außenpolitik in den Fokus setzen müssen. Nein, wir debattieren ernsthaft darüber, wie wir noch mehr von den Grünen lernen können. Vergessen, die soziale Frage? Der Kampf gegen Hartz IV oder Altersarmut? Natürlich nicht! Aber wir werden immer weniger wahrgenommen … Wie auch? Wenn wir unsere linken sozialistischen Positionen immer sozialdemokratischer verwässern und grün färben, verlassen wir unsere Gefilde endgültig, um uns in einem urbanen, grünen Wohlstandsmilieu zu suhlen, in dem man sowieso das »Original« seit Gründung wählt. Natürlich müssen wir Umweltschutz und Klima dringend mit in den Blick nehmen, und ja, es ist kurz vor zwölf! Es ist absolut richtig, die »Fridays for Future«-Bewegung zu stützen und sich gegen die unfassbare Ignoranz und gegen die Kriminalisierung von Schülerprotesten zu stellen. Aber, in Zeiten, wo weltweit nach der Kündigung des INF-Vertrages wieder Atomwaffen modernisiert werden, in Zeiten mit massiven Truppenübungen auf dem Europäischen Kontinent, zu Wasser, Luft und Land, in solchen Zeiten muss die einzige im Bundestag vertretene Friedenspartei eine noch stärkere Phase der Aufklärung erreichen. Die voranschreitende Militarisierung Europas wird von deutschem Boden aus gefördert und gefordert, dabei sollte doch von unserem Boden nie wieder Krieg ausgehen, oder? Nun sind in Umfragen die Grünen auf dem Sprung, den kommenden Kanzler, die kommende Kanzlerin zu stellen, und ich sehe in die Zeitung und entdecke führende Köpfe dieser Partei in allen Facetten von Grün gekleidet. Die Mainstream-Zeitungen, gekauft und korrumpiert, erfreuen sich dieses Anblicks und nennen diese Grünen realpolitisch angekommen … Als sie das letzte Mal so sangen, sprachen sie vom »feldgrauen Ehrenkleid« und setzten Europa in Brand. Darum appelliere ich ganz offen an meine Partei: Es dürfte nun klar sein, welche Aufgabe sich der Partei Die Linke als parlamentarischem Arm der Friedensbewegung stellt! Nie wieder Krieg!
David Schwarzendahl
Veröffentlicht in der jungen Welt am 19.06.2019.
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