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Leserbrief zum Artikel Repression in der DDR: Vertraute Melodien vom 22.03.2019:

Frage der politischen Moral

Es ist mehr als irritierend und verstörend, was da im neuen Heft der »Roten Hilfe« aufgetischt wird. Verblüffend zunächst die Sorgfaltslosigkeit und Unbedarftheit der Autoren, die die teils ahistorische, teils geschichtsklitternde antikommunistische Lektüre der herrschenden Zentralen für politische Bildung weitgehend unreflektiert abkupfern, zusammenrühren und dies dann als erhellende Geschichtsschreibung ausgeben. Getreu dem Kinkelschen Imperativ beim 15. Richtertag 1991: »Es muss gelingen, das SED-System zu delegitimieren, das … seine Rechtfertigung aus antifaschistischer Gesinnung … hergeleitet hat.« Objektiv machen sich die Verantwortlichen der aktuellen RH-Zeitung diese Aufforderung zu eigen.
Es ist bekannt, dass die DDR nicht nur der bessere deutsche Staat war. Als einzige reale Alternative zum Kapitalismus wurde sie aufgebaut aus Ruinen von wenigen Kommunisten, Sozialisten und anderen Antifaschisten, die die Naziherrschaft unter größten Opfern überlebt hatten und den Antifaschismus konsequent zur Staatsräson kürten. Damit war die DDR Antidot zur einer mit alten Kriegsverbrechern und neuen Kriegstreibern gegründeten BRD. Es gibt viele gute Gründe, die Errungenschaften dieses antifaschistischen Staates zu würdigen, gegen Angriffe zu verteidigen, statt ihn im Gleichklang mit den bekannten staatlichen und medialen Verleumdern zu diskreditieren.
Was also mögen die Beweggründe der Autoren für diesen ärgerlichen Fehlprint sein? Ich kann nur spekulieren. Glauben vielleicht einige von Verängstigung beirrte Redakteure, die derzeit zunehmende Repressionswelle staatlicher Organe gegen die »Rote Hilfe« dadurch abmildern zu können, dass sie einen Kotau vor dem politischen Gegner ableisten? Lavieren und antichambrieren, statt den Angriffen politischen Widerstand entgegenzusetzen? Das wäre fatal. Es ist deutliche Selbstkritik, wenn nicht gar kollektive Läuterung angeraten. Das ist nicht nur eine Frage des politischen Standings, sondern auch der politischen Moral.
Niki Müller, Friedrichstadt
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