Leserbrief zum Artikel Kino: Gewaltige Landnahme
vom 23.08.2018:
Trotzdem sehen!
Euer Möchtegernzensor Hagen Bonn hat den Gundermann-Film offenbar doch gesehen, und so sollte er allen anderen auch zubilligen, sich ein eigenes Urteil zu bilden. Nichtangucken ist die schlechteste Variante. Auch wenn man sich von der gleichmäßig verteilten – statt auf wenige Sequenzen konzentrierten – Stasi-Geschichte immer wieder nerven lassen muss. Das geht auf Kosten der Lieder, von denen ich zu viele vermisste. Und auf Kosten der außerordentlichen Vielseitigkeit von Gundis Texten, seinen Überlegungen und Interessen. Wo bleiben sein Umweltengagement zu DDR-Zeiten, das ihm erhebliche Probleme bereitete, wo seine weitsichtige Kritik bei Ausbruch des Kapitalismus nach 1990, wo seine feinfühligen Liebeslieder, wo die Vorahnung seines Todes im letzten Konzert in Krams ...? Trotzdem: Angucken! Vielleicht mehrmals. Schon wegen des Hauptdarstellers, dessen Spiel einer Wiederauferstehung gleichkommt, wegen der wunderbaren Conny-Darstellerin, wegen etlicher Nebenrollen, die Dresen in bekannter Weise geradezu aufblühen lässt.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 30.08.2018.