Eine kleine Zwischenbilanz
Erwin RiessDer Dozent traf seinen Freund Groll vor einem Nobeljuwelier in der Kärntner Straße. Der Stephansdom war nur einen Steinwurf entfernt. »Danke, dass Sie den weiten Weg auf sich genommen haben«, sagte er und lehnte seine Rennmaschine an eine Sitzbank.
»Wenn Freunde rufen …!« sagte Herr Groll und machte eine großartige Geste.
Der Dozent verneigte sich.
Eigentlich könnte ich jetzt wieder in die U-Bahn steigen und die Donau heimwärts überqueren, dachte Herr Groll. Dass ein hochgebildeter Intellektueller, Erbe einer hochprofitablen Maschinenbaufirma aus dem hochnoblen Aristokraten- und Geldadelbezirk Hietzing, sich im Zentrum der Haupt- und Residenzstadt vor einem Mindestrentner aus den entrischen Gründen* verbeugt, muss für einen guten Tag reichen. Rasch aber verwarf Herr Groll den Gedanken und zieh sich im Geiste einer peinlichen sozialdemokratischen Schwäche. Die Herren der Welt verbeugen sich vor den Knechten. Damit kann ein Sozialdemokrat sich zufriedengeben, ...
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