Das »vereinte Europa«, das im Wesentlichen aus der Vereinigung der beiden deutschen Staaten hervorgegangen ist, befindet sich in einer existentiellen Krise. Darüber können auch die Feiertagsreden am diesjährigen 3. Oktober nicht hinwegtäuschen. Bundestagspräsident Norbert Lammert versuchte sich in seiner Ansprache gar als Stimmungsmacher, als er den Bogen von dem Ruf »Wir sind ein Volk« zu »Wir sind Europa« spannte. Doch es ist eher unwahrscheinlich, daß feurige Euro­pa-Bekenntnisse je größere Menschenmassen ergreifen werden.

Die Europatümelei ist eine elitäre Angelegenheit geblieben, an der gesellschaftlichen Basis hat sie nie Wurzeln geschlagen. Auch in Deutschland nicht, trotz aller Beteuerungen von oben, daß »mehr Europa« vor allem den Deutschen zugute komme. Deutschland und Europa seien keine zwei getrennten Sachverhalte mehr, sagte Lammert. »Die Weiterentwicklung Europas liegt im deutschen Interesse.« Hehre Europa-Ideale und »nationale Borniertheit...