Aus: Ausgabe vom 18.01.2008, Seite 3 / Schwerpunkt
Hintergrund: Die Mordkiste
Trotz großer Bemühungen konnten die Vorgänge in den Vernichtungsanstalten für die Ermordung »lebensunwerter« Menschen nicht geheimgehalten werden. Unter der Bevölkerung hatte sich die unheilvolle Mission der in der Regie der Berliner »Gemeinnützigen Krankentransportgesellschaft« (GEKRAT) rollenden Busse bald herum gesprochen. Das geht u. a. aus einem Brief hervor, den der katholische Limburger Bischof Antonius Hilfrich am 13. August 1941 an den Reichsjustizminister mit Abschriften an den Reichsinnen- und den Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten schrieb: »Öfter in der Woche kommen Omnibusse mit einer größeren Anzahl der Opfer in Hadamar an. Die Schulkinder der Umgebung kennen diese Wagen und reden: ›Da kommt wieder die Mordkiste.‹ Nach der Ankunft beobachten dann die Hadamarer Bürger den aus dem Schlot aufsteigenden Rauch und sind von den ständigen Gedanken an die armen Opfer erschüttert, zumal wenn sie je nach den Windrichtungen durch die widerlichen Düfte belästigt werden ... Kinder, einander beschimpfend, tuen Äußerungen: ›Du bist nicht recht gescheit, du kommst nach Hadamar in den Backofen!‹ Solche, die nicht heiraten wollen oder keine Gelegenheit dazu finden, sagen: ›Heiraten? Nein! Kinder in die Welt setzen, die dann in den Rexapparat kommen?‹« (Zitiert nach Ernst Klee: »Euthanasie« im NS-Staat«)
Nachdem auf Befehl von SS-Führer Heinrich Himmler die Tötungsaktionen in der Anstalt Grafeneck eingestellt worden waren (vom Februar bis Mitte Dezember 1940 sind dort genau 10 654 Menschen ermordet worden), wurde Hadamar bei Limburg Endziel der grauen Busse. Hier kamen weitere 10 000 Menschen ums Leben.
Die Leiter des jeweiligen Transportes hatten in ihren Kuriertaschen die fotokopierten Namenslisten der von den Gutachtern zum Mord freigegebenen Patienten und detaillierte Anweisungen an die Heil- und Pflegeanstalten zur Übergabe sämtlicher Patientenunterlagen. In einer zentrale Anweisung war festgehalten: »Die Geisteskranken sind mit einem Leukoplaststreifen zu versehen, auf dem die Namen des betreffenden Kranken geschrieben steht und der auf dem Rücken zwischen den Schulterblättern befestigt wird. Unruhige Kranke sind vor Beginn der Verlegung mit entsprechenden Beruhigungsmitteln zu versehen ...« In der Regel endete das Leben der Insassen der grauen Busse wenige Minuten nach ihrer Ankunft in den Gaskammern der Zielorte. Die Kranken glaubten, sie würden »mal richtig gebadet«.
(hd)
Nachdem auf Befehl von SS-Führer Heinrich Himmler die Tötungsaktionen in der Anstalt Grafeneck eingestellt worden waren (vom Februar bis Mitte Dezember 1940 sind dort genau 10 654 Menschen ermordet worden), wurde Hadamar bei Limburg Endziel der grauen Busse. Hier kamen weitere 10 000 Menschen ums Leben.
Die Leiter des jeweiligen Transportes hatten in ihren Kuriertaschen die fotokopierten Namenslisten der von den Gutachtern zum Mord freigegebenen Patienten und detaillierte Anweisungen an die Heil- und Pflegeanstalten zur Übergabe sämtlicher Patientenunterlagen. In einer zentrale Anweisung war festgehalten: »Die Geisteskranken sind mit einem Leukoplaststreifen zu versehen, auf dem die Namen des betreffenden Kranken geschrieben steht und der auf dem Rücken zwischen den Schulterblättern befestigt wird. Unruhige Kranke sind vor Beginn der Verlegung mit entsprechenden Beruhigungsmitteln zu versehen ...« In der Regel endete das Leben der Insassen der grauen Busse wenige Minuten nach ihrer Ankunft in den Gaskammern der Zielorte. Die Kranken glaubten, sie würden »mal richtig gebadet«.
(hd)
Mehr aus: Schwerpunkt
-
Die Zahl der verurteilten Täter ist gering
vom 18.01.2008 -
»Wohin bringt ihr uns?«
vom 18.01.2008