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Aus: Ausgabe vom 04.07.2007, Seite 7 / Ausland

In einem Boot

US-Sozialforum: Ureinwohner und Migranten verbinden gemeinsame Interessen
Von Jonathan Springston (IPS), Atlanta
Die einen kamen bereits vor 30000 bis 11000 Jahren, die anderen sind erst vor kurzem eingewandert. Dennoch haben US-amerikanische Ureinwohner und US-Immigranten, wenn es um Unterdrückung und Rechtlosigkeit geht, vieles gemein. Mit den Problemen der Minderheiten in den USA hat sich das US-amerikanische Sozialforum befaßt, das sechs Tage hindurch bis zum Sonntag in Atlanta stattfand. »Wir alle werden unterdrückt, nur auf unterschiedliche Art und Weise«, sagte Shauna Larson vom Indigenous Environmental Network, das sich für das Recht der nordamerikanischen Ureinwohner auf eine nachhaltige Bewirtschaftung ihrer Territorien einsetzt. Es sei wichtig, die Kräfte zu bündeln, so Gerald Lenoir von der Black Alliance for Just Immigration, die sich für schwarze Arbeitsmigranten stark gemacht. Erst dauerhafte Allianzen könnten gegenseitiges Verständnis ermöglichen.

In Atlanta hatten rund 10000 Teilnehmer die Gelegenheit, fast eine Woche lang über Ausgrenzung und Diskriminierung zu sprechen, wie sie Ureinwohner, Arbeitsmigranten, Frauen, Schwarze und sexuelle Minderheiten in den USA erfahren. Vor allem die Vertreter der indigenen Völker nutzten das Treffen, um sich ausgiebig auszutauschen. Ob Shoshonen, Cherokee, Hopi oder Navajo – den US-Völkern droht Gefahr in Form von Wirtschaftsinteressen. Wie Faith Gemmill vom Netzwerk Resisting Environmental Destruction on Indigenous Lands (REDOIL) berichtete, wurden in Alaska 95 Prozent der Indigenen- territorien für den Öl- und Gasabbau freigegeben.

In REDOIL sind die indigenen Alaska-Völker der Inupiat, Yupik, Aleut, Tlingit, Gwich'in, Eyak und Denaiana Athabascan organisiert. Sie wehren sich unter anderem gegen die Entscheidung der Regierung vom Januar, die Schutzbestimmung für die Bristol-Bucht aufzuheben, um die Offshore-Öl- und -Gasförderung möglich zu machen.

»Unsere Mutter Erde steht nicht zur Disposition«, sagte Enei Begaye von der Black Mesa Water Coalition, einer Lobbyorganisation von Navajo- und Hopi-Indianern, die sich ebenfalls der Zerstörung ihrer Territorien durch Rohstoff- und Bergbauunternehmen widersetzen. Die Organisation zieht gegen das US-Unternehmen Peabody zu Felde, das Trinkwasser, auf das die Hopi und Navajo dringend angewiesen sind, für den Transport von Kohle verschwendet.

»Wir haben über die Generationen hinweg sehr viel erlebt«, betonte Patty Grant-Long von der Indigenenorganisation Eastern Band of Cherokee Indians, ein Interessenverband der Cherokee-Indianer in Nordkalifornien. »Wir verdanken unser Überleben unserer Spiritualität und unseren Beziehungen zu unserem Schöpfer und unseren Vorfahren.«

»Daß wir überhaupt noch vorhanden sind, grenzt an ein Wunder«, meinte Ikaiki Hussey von der Aloha Anina Society mit Sitz in Hawaii. Die Organisation setzt sich für eine Demilitarisierung Hawaiis und für mehr Selbstbestimmung der Bewohner ein. Der US-Bundesstaat, der aus einer Vielzahl von Inseln besteht, wird vom Pentagon für eine Reihe militärischer Aktivitäten genutzt. So werden auf der Insel Oahu Soldaten gedrillt, und auf der Großen Insel existiert das berüchtigte Pohakulea-Übungsgelände, das – obwohl jetzt schon das größte im gesamten Pazifikraum – weiter ausgebaut werden soll.

»Indigene Rechte bilden in unserem Land das Menschenrechtsfundament, und wir müssen beim Ausbau vorankommen«, sagte Julie Fishel vom Western Shoshone Defence Project. Die Shoshonen führen neben den Lakota in den USA den längsten Kampf um Land und Vertragsrechte. Sie wehren sich zudem gegen die atomare Verseuchung ihrer Territorien. Abgesehen davon, daß in Nevada bereits um die 1000 Atombomben gezündet wurden, soll in der Region ein Endlager für atomare Abfälle entstehen.

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