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Aus: Ausgabe vom 17.04.2007, Seite 3 / Schwerpunkt

Zitate. neuroticker Ausgabe Frühling 2007

»Wenn sich also Lafontaines Politik auch keineswegs auf Konspirationismus reduzieren läßt, so sind in Gestalt der Verklärung einer bedrohten Sozialgemeinschaft und in der grotesken Zeichnung ihrer äußeren Feinde wichtige Elemente vorhanden. Auch in der Interpretation einzelner politischer Fragen zeigt sich konspirationistisches Denken, etwa wenn Lafontaine ›die Geburtenrate eines Volkes‹ als Antwort auf neoliberale Politik deutet. Am Bedenklichsten ist jedoch die Forderung nach Protektion des deutschen Arbeitsmarktes. Denn im Unterschied zum klassischen Nationalismus besteht für Konspirationisten das Feindbild nicht aus den anderen Nationen, sondern aus einem universellen, klandestinen Prinzip, das von einer kleinen Gruppe von Mächtigen gelenkt wird. (...) Oskar Lafontaine hängt der scheinbar wohlgeordneten Sozialordnung vergangener Tage nach. Und er spricht für jene, denen das ebenso geht und die wie er lieber glauben möchten, sie ließe sich wiederherstellen. Dazu müßten nur die ältesten Rezepte aus dem Schrank geholt werden. (...) Konspirationismus ist vor allem aus zwei Gründen zu kritisieren und zu bekämpfen. Erstens, weil er eine ideologische Vorbedingung für den Vernichtungsantisemitismus des nationalsozialistischen Deutschland war und jederzeit als Vorlage für eine Wiederholung des Massenmords dienen kann. Zweitens, weil er es populistischen und ideologischen Positionen ermöglicht, sich in die Risse angeschlagener Weltbilder einzunisten und somit auch und gerade in der Linken eine Auseinandersetzung mit eigenen Lebenslügen und Verirrungen verhindert.« (»Hinter uns allen her?«, Daniel Kulla, Seite 16)

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