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Aus: Ausgabe vom 29.12.2006, Seite 9 / Kapital & Arbeit

Nicht nur eitel Sonnenschein

Slowenien bekommt im Januar als 13. EU-Land den Euro
Mit einer Mischung aus Stolz auf die erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre und Furcht vor drastischen Preiserhöhungen sehen die meisten Slowenen laut Umfragen der bevorstehenden Einführung des Euro als Währung entgegen. Ab dem 1.Januar wird in der früheren jugoslawischen Teilrepublik als 13. EU-Staat die Gemeinschaftswährung gesetzliches Zahlungsmittel und löst damit den 1991 nach der Sezession eingeführten Tolar ab.

Verbraucherschützer befürchten dennoch, daß viele Händler die Umstellung zu teilweise kräftigen Preiserhöhungen nutzen werden. Breda Kutin, Chefin der slowenischen Sektion des International Consumer Research Institute kündigte eine »Art informellen Druck« auf die Verkäufer an. Die Preisentwickung von 68 Waren und 36 Dienstleistungen werde landesweit beobachtet. Bei einer Hotline können Verbraucher möglichen Wucher anzeigen. Die Organisation will den Beschwerden nachgehen und dreiste Preissteigerungen in den Medien und im Internet anprangern. Bei einigen Produkten wie Kartoffeln und Markenschuhen habe es bereits im Vorfeld Erhöhungen von bis zu 50 Prozent gegeben, so Kutin.

Auch der Leiter der Zentralbank, Mitja Gaspari, glaubt, daß einige Preise, etwa für Bier, Kaffee und Frisörbesuche, steigen werden. Er sei jedoch zuversichtlich, daß die Inflation, die auf Jahressicht im November bei 2,5 Prozent lag, 2007 nur geringfügig steigen und unter dem Referenzwert der Europäischen Zentralbank von 2,8 Prozent liegen werde.

Von westeuropäischen Einkommensverhältnissen sind die zwei Millionen Slowenen zwar noch entfernt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) je Einwohner erreicht inzwischen aber immerhin 82 Prozent des EU-Durchschnitts, damit liegt man gleichauf mit Griechenland. Der monatliche Durchschnittsverdienst in Slowenien liegt bei umgerechnet 765 Euro.

Der Beitritt des Landes zur Währungsunion wurde im Mai nach einer entsprechenden Empfehlung der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank besiegelt. Damals wies Ljubljana mit einem Haushaltsdefizit von 1,8 und einer Gesamtverschuldung von nur 29 Prozent des BIP für 2005 hervorragende Zahlen auf. Im laufenden Jahr liegen die entsprechenden Werte allerdings bei 3,0 und 60 Prozent und damit an der Grenze dessen, was der Stabilitätspakt zuläßt.

Ursprünglich war für den 1. Januar 2007 auch der Beitritt Litauens zur Währungsunion geplant, der baltische Staat scheiterte jedoch an einer zu hohen Inflationsrate. Die Regierung in Vilnius hat den Beitritt zur Währungsunion nun auf 2010 verschoben. Bereits 2008 wollen Estland, Malta und Zypern den Euro einführen. Laut einem Anfang Dezember von der EU-Kommission vorgelegten Konvergenzbericht bleibt für die beiden erstgenannten Kandidaten allerdings noch einiges zu tun: In Malta lagen zuletzt sowohl die Inflationsrate als auch das Haushaltsdefizit und die Gesamtverschuldung über den Stabilitätskriterien, Estland weist eine mit rund vier Prozent deutlich zu hohe Inflation auf.

(AFP/AP/jW)

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