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Aus: Ausgabe vom 24.11.2006, Seite 2 / Inland

Schiiten unter Beschuß

Angriff auf Gesundheitsministerium. Neue US-Offensive in Bagdader Armenviertel
Bewaffnete haben am Donnerstag das irakische Gesundheitsministerium angegriffen. Sie beschossen das Gebäude im Norden Bagdads mit Mörsern und lieferten sich heftige Kämpfe mit Wachleuten, wie aus Besatzerkreisen verlautete. Nach unterschiedlichen Agenturberichten versuchten 30 bis 100 Angreifer, den Komplex zu stürmen. Gesundheitsminister Ali Al Schemmari, Anhänger des schiitischen Geistlichen und Besatzungsgegners Muqtada Al Sadr, sagte der Nachrichtenagentur AFP, er sitze zusammen mit rund 2000 Mitarbeitern in seinem Ministerium fest. Die Attacke habe mit Mörserschüssen vom benachbarten Viertel Al Fahdel aus begonnen, berichtete er. »Dann haben etwa hundert maskierte Männer mit Schnellfeuerwaffen das Gebäude attackiert.« Die Angreifer seien mit Pick-Up-Lastern und Zivilfahrzeugen vorgefahren und hätten auf das Gebäude geschossen. Mehrere Angestellte seien verletzt.

Der Angriff auf das Ministerium erfolgte zeitgleich mit einer US-Offensive im schiitischen Armenviertel Sadr City. Der Einsatz in dem Bagdader Stadtteil war bereits der vierte der Besatzer dort innerhalb von sechs Tagen. Die Soldaten durchsuchten laut Polizei mehrere Häuser und eröffneten das Feuer auf einen Kleinbus mit Arbeitern. Vier der Insassen seien getötet und acht verletzt worden. Fünf weitere Iraker seien festgenommen worden. Gleichzeitig zündeten Unbekannte in Sadr City am Donnerstag mehrere Autobomben. Bei der Anschlagserie sollen nach Angaben von Krankenhäusern mindestens 143 Menschen ums Leben gekommen, und mindestens 225 weitere verletzt worden sein. Der 2,5 Millionen Einwohner zählende Stadtteil gilt als »Hochburg« von Anhängern Al Sadrs. Anfang November hatte die US-Armee dort eine Ausgangssperre verhängt und Razzien durchgeführt.

Die Londoner Zeitung The Times berichtete unterdessen am Donnerstag über ein angeblich für kommende Woche geplantes Treffen zwischen Besatzungsmächten, irakischer Regierung und Vertretern mehrerer aufständischer Gruppierungen. Auch Vertreter der verbotenen Baath-Partei würden erwartet, schrieb die Zeitung unter Berufung auf den Minister für nationale Aussöhnung, Akram Al Hakim. Terrorgruppen wie Al Qaida oder die Mehdi-Armee des Schiitenführers Al Sadr sollen ausgeschlossen bleiben. Ähnliche Berichte hatte es in den vergangenen Jahren der Besatzung allerdings mehrfach gegeben, ohne daß sie Substanz gehabt hätten.

(AFP/AP/jW)

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