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Aus: Ausgabe vom 16.09.2006, Seite 6 / Ausland

Abschiebeverbot – wegen Foltergefahr

Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der Niederlande zugunsten der PKK-Aktivistin Nuriye Kesbir
Der Oberste Gerichtshof der Niederlande hat am Freitag die Auslieferung eines ranghohen Mitglieds der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) an die Türkei untersagt. Nuriye Kesbir dürfe nicht ausgeliefert werden, weil ihr in der Türkei Folter drohe, hieß es zur Begründung. Wenn die Türkei neue Zusagen mit mehr »konkreten Garantien« für ihre korrekte Behandlung nach einer Auslieferung gebe, könne das Verbot aufgehoben werden, sagte eine Sprecherin.

Kesbir war ein Führungsmitglied der PKK an der Seite von Osman Öcalan, dem Bruder des seit über sieben Jahren auf der Gefängnisinsel Imrali im Marmarameer isoliert gefangenhaltenen PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan. Die aus dem Südosten der Türkei stammende Kurdin yezidischen Glaubens gehörte zudem dem Exekutivkomitee des Volkskongresses Kurdistan (Kongra-Gel) an. Die türkische Regierung wirft ihr die Beteiligung an 25 Aktionen der kurdischen Guerilla im Osten der Türkei zwischen 1993 und 1995 vor. Sie selbst bestreitet dies. Kesbir war im September 2001 auf dem Amsterdamer Flughafen Schiphol festgenommen worden. Im September 2004 hatte das Oberste Gericht einer Auslieferungsentscheidung des Justizministeriums angesichts türkischer Sicherheitsgarantien zugestimmt, Kesbir hatte jedoch Berufung gegen die Entscheidung eingelegt.

Sie wehrte sich zudem mit einem über vier Wochen andauernden Hungerstreik. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch stellte seinerzeit in einem Gutachten fest, daß die Kurdin in Folge einer Abschiebung »dem realen Risiko von Folter oder Mißhandlung« ausgesetzt werden würde: »Diplomatische Zusicherungen durch die türkische Regierung, daß nicht gefoltert wird und daß nach der Rückkehr ein faires Verfahren stattfindet, können nicht als verläßlich angesehen werden und stellen keinen Schutz im Sinne der absoluten Verpflichtung der Niederlande dar, niemanden zurückzuschicken, dem Folter droht.« Dem folgte nun die niederländische Justiz.

(AFP/jW)

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