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Aus: Ausgabe vom 07.08.2006, Seite 12 / Feuilleton

Lehrstück

Warum das Bankhaus Sal. Oppenheim beim Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung gegen das Buch »Der Bankier« vom jW-Autoren Werner Rügemer durchgesetzt hat, erklärt die Kölner Initiative »BürgerInnen gegen Oppenheim-Esch«: »Im Namen des angeblichen Schutzes der Persönlichkeitsrechte juristischer und privater Personen geht es in Wahrheit um die Unterbindung sachlich gerechtfertigter Kritik am Machtmißbrauch mächtiger Institutionen. Mittels des Verbots von knapp zwei Dutzend im Buch beanstandeter banaler Textstellen versucht die größte Privatbank Europas, die Herausgabe des Buches unter Androhung einer sehr hohen Geldstrafe zumindest zu verzögern. Die Rolle der unter dem Namen ›Pferdmenges‹ operierenden Bank bei den ›Arisierungen‹ genannten Raubzügen der Nazidiktatur gegen jüdisches Eigentum, die Rolle des Finanzhauses bei der geheimen Parteienfinanzierung in der Bundesrepublik nach 1949 und nicht zuletzt bei der Plünderung der öffentlichen Kassen der Kommunen mittels superreicher Kapitalanleger (z.B. beim Kölner Messeneubau) sind schwerer historischer Ballast für das nach außen hin elitär auftretende Finanzinstitut.« Daß bislang weder der kleine Frankfurter Nomen-Verlag, in dem das Buch erscheint, noch Rügemer selbst vom zuständigen Gericht befragt wurden, zeige deutlich, »wie dringend notwendig« eine Korrektur des juristischen Procedere sei. Harry Neuberts vom Nomen-Verlag hatte den juristischen Vorgang als »Lehrstück in Sachen Bankenmacht und Demokratie« bezeichnet. Die Widerspruchsverhandlung vor dem Berliner Landgericht ist auf den 22. August angesetzt. (jW)

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