Ende eines Horrorjahres
Von Ken Merten
Drei Spiele in sechs Tagen: Die Weihnachtswoche war für den SC Magdeburg keine besinnlich-erholsame. Der amtierende Champions-League-Sieger hat grundsätzlich volles Programm: Im zehnten Jahr unter Coach Bennet Wiegert hat sich der SCM vorzeitig fürs Viertelfinale des Europapokals qualifiziert, auch das Final Four im DHB-Pokal ist gebongt. Dazu kam die Klub-WM, bei der die Elbstädter ihre bislang einzige Pflichtspielniederlage der Saison kassierten und im Halbfinale gegen Veszprém ausschieden.
Kein Wunder also, dass sich die Magdeburger zum Jahresende menschlich zeigten: Am vierten Advent siegte man gegen Tabellenschlusslicht Leipzig daheim knapp mit 29:28 (18:12), und am 23. Dezember trennte man sich 26:26 (13:13) vom THW Kiel. Mit nur zwei Minuspunkten rennt der Ligaprimus der Konkurrenz trotzdem davon.
Auch der ThSV Eisenach, ehemals BSG Motor, musste dran glauben: Am Samstag abend hielten die Thüringer die Begegnung lange offen. Beim 90. Aufeinandertreffen der Traditionsvereine stand es zur Halbzeit 14 beide. Nach der Pause hatten die Eisenacher allerdings Anlaufschwierigkeiten: knappe sechs Minuten gelang kein Treffer. Erst nachdem Trainer Sebastian Hinze eine Auszeit nahm und seinem Team das »Wartburg-Quartett« anordnete, bekam die Eisenacher Offensive ihren Biss zurück. Die Formation mit vier Rückraumspielern hatte der ThSV in der vergangenen Saison unter dem damaligen Coach Misha Kaufmann, der mittlerweile den TVB Stuttgart trainiert, kultiviert und damit einen taktischen Trend gesetzt. In der Eisenacher Variante löst sich das Quartett oft kurz vor dem Abschluss auf, indem einer der Rückraumspieler als Kreisläufer die gegnerische Abwehr in Unordnung bringt.
Gegen den SCM reichte das letztlich nicht: Wiegerts Team zog Mitte der zweiten Hälfte davon und fuhr den Sieg ungefährdet ein. Andere lebten riskanter: In der kleinen Werner-Aßmann-Halle knockte Schiedsrichter Sascha Schmidt im Rückwärtslaufen den am Spielfeldrand stehenden Hinze um. Autsch.
So schön er auch anzuschauen ist – der Magdeburger Handball ist schmerzhaft: Das ständige Eins-gegen-eins kostet Kraft und geht auf die Knochen. Mit dem von Wiegert zusammengestellten Personal ist das jedoch möglich und hat dazu geführt, dass die Sachsen-Anhalter international zum Nonplusultra des Vereinshandballs im Männerbereich geworden sind. Bislang blieb die Mannschaft von Verletzungen weitgehend verschont – der Krankenstand der Vorsaison hatte damals den Titel gekostet.
Eisenach hingegen wird den Erwartungen als Abstiegskandidat nicht gerecht: Ging der Abschied von Kaufmann nicht ohne Knatsch vonstatten und mussten die Wartburger nach Abgängen – u. a. von Nationalspieler Marko Grgić nach Flensburg – ihren Rückraum komplett neu aufstellen, stehen sie zur EM-Pause mit 13 Punkten auf Rang 13 stabil da.
Anders Leipzig: Für den SC DHfK geht ein Horrorjahr entsprechend zu Ende. Vor heimischer Kulisse unterlag man den Rhein-Neckar-Löwen mit 26:30 (16:15). Die Partie begann hektisch: In seiner ersten Auszeit wies der Leipziger Trainer Frank Carstens darauf hin, Angriffe länger auszuspielen. Auch ein Zeichen der Krise: Der SC DHfK spielte als Mittelfeldmannschaft über Jahre einen gepflegten Tempohandball, heute überwiegt die Unsicherheit. Nach zwölf Minuten hieß es bereits 8:3 für die Mannheimer. Doch die Messestädter robbten sich wieder ran und gingen sogar zur Halbzeit in Front. Danach zeigten die Sachsen wieder ihr anderes Gesicht: Die ersten zehn Minuten der zweiten Hälfte blieben sie ohne Treffer. Auch wenn im Kasten erst Domenico Ebner – dessen Abgang im Sommer zu Lemgo bereits beschlossene Sache ist – und in den Schlussminuten Tomáš Mrkva alles taten, um ihr Team im Spiel zu halten, warfen nervöse Leipziger den Mannheimer Keeper David Späth in den entscheidenden Minuten berühmt.
Der SC DHfK ist mit nur fünf Punkten Schlusslicht, genauso viele, wie er nunmehr Rückstand auf den rettenden 16. Platz hat. Sollte die Klasse nicht gehalten werden, wird die Problemanalyse vor der Abstiegssaison beginnen müssen: Schon die Rückrunde der Spielzeit 24/25 war zum Abgewöhnen. Weil das Angebot verlockend war, hatte man im Winter den Halbrechten Viggó Kristjánsson nach Erlangen abgegeben. Im Sommer dann folgte die Entlassung von Trainer Rúnar Sigtryggsson, der heute Wetzlar coacht; damit hatte man auch Spielmacher und Trainersohn Andri Már Rúnarsson vergrault. Der sollte eigentlich Luca Witzke, den es nach Flensburg zog, beerben. Auch Rúnarsson spielt nunmehr in Erlangen.
Mitte November dann wurden Cheftrainer Raúl Alonso und Sportdirektor Bastian Roscheck nach einer schmerzhaften Auswärtspleite bei der direkten Konkurrenz in Minden beurlaubt. Carstens soll nun den Karren aus dem Dreck ziehen. Aber es scheint, als wäre die elfte Bundesligasaison nach dem Wiederaufstieg die vorerst letzte des SC DHfK Leipzig.
Und sonst? Meister Füchse Berlin demontierte daheim Göppingen mit 42:29 (17:17). In Berlin verdichten sich die Gerüchte um eine namhafte Neuverpflichtung: Der französische Nationalspieler Dika Mem soll von Barcelona an die Spree wechseln.
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