Vanke wankt
Von Dominic Iten
Vanke steht am Abgrund. Nur wenige Jahre nach Evergrande droht ein weiterer chinesischer Immobilienriese zu kippen. Anfang vergangener Woche wurde das Schlimmste vorerst abgewendet: Nachdem Vanke eine Unternehmensanleihe im Wert von 284 Millionen US-Dollar nicht fristgerecht zurückbezahlt hatte, gewährten die Gläubiger dem taumelnden Unternehmen eine Gnadenfrist von 30 Handelstagen. Doch inzwischen ist bereits die nächste Unternehmensanleihe ausgelaufen – das Vertrauen schwindet, die Refinanzierung wird schwieriger.
Dabei hatte das Unternehmen die Warnsignale selbst früh gesetzt. Bereits im April 2025 verwies Vanke im Geschäftsbericht auf erhebliche Risiken für das laufende Jahr: Öffentliche Schulden würden fällig, der ohnehin spürbare Liquiditätsdruck werde sich weiter erhöhen – und tatsächlich folgte Ende November eine Serie negativer Entwicklungen. Im Zentrum stand die Herabstufung durch die Ratingagentur S & P: Anfang November ging es von B− auf CCC, später weiter auf CCC−. Übersetzt heißt das: Das Unternehmen ist nur noch unter günstigen Finanzierungsbedingungen zahlungsfähig.
Wie günstig diese Bedingungen sind, hängt wesentlich von der Shenzhen Metro Group ab. Der staatliche Konzern hält rund 27 Prozent von Vankes Aktien und half in der Vergangenheit mit vorteilhaften Aktionärsdarlehen, den Immobilienriesen zu stützen. Doch die indirekte staatliche Rückendeckung verliert an Kraft: Angeblich will Shenzhen Metro die Konditionen künftiger Kredite verschärfen. Vanke droht, in eine Abwärtsspirale aus schwindendem Vertrauen, teurerer Refinanzierung und weiteren Downgrades zu geraten.
Der chinesische Immobiliensektor steckt seit Jahren in der Krise. Mitte 2021 zeigte Evergrande, wie stark Chinas Immobilienboom auf Fremdfinanzierung und Vorverkauf angewiesen ist. Neue Projekte und Verpflichtungen wurden wesentlich über Vorauszahlungen für noch nicht fertiggestellte Wohnungen finanziert – das ging gut, solange der Markt boomte; mit der Abkühlung reichten die Zuflüsse zur Bedienung der fälligen Zahlungen nicht mehr aus. Die Folge waren unvollendete Projekte und Millionen Betroffene, die auf ihre Wohnungen warteten.
Die wachsenden Zahlungsprobleme bei Evergrande fielen mit einem politischen Kurswechsel zusammen: Die zunehmend unkontrollierte Kapitalexpansion im Immobiliensektor sollte eingedämmt werden. Das zuständige Ministerium kündigte eine mehrjährige Inspektions- und Prüfkampagne an. Aufsicht und Regeln sollten deutlich verschärft werden. Banken wurden angehalten, die Hypothekenbedingungen – unter anderem über höhere Zinsen – zu straffen, zudem sollte der Ausbau staatlich geförderter Mietwohnungen beschleunigt werden.
Damit deckte schon Evergrande die Probleme auf, mit denen Chinas Immobiliensektor seit Jahren kämpft und die heute auch Vanke heimsuchen: Das kredit- und vorverkaufsgetriebene Modell gerät bei nachlassenden Verkäufen schnell in Liquiditätsnot. Weiter offenbarte Evergrande die staatliche Prioritätensetzung im Krisenfall: Bei der Schadensbegrenzung wurde der Fertigstellung von Wohnungen und dem Schutz der Käufer Vorzug vor der Rendite von Aktionären oder der vollständigen Bedienung einzelner Gläubigerklassen gegeben.
Auch in Vankes Fall dürfte die Regierung eher auf einen gesteuerten Abwicklungsprozess als auf einen Bailout setzen. Auch in anderen Fällen, etwa bei Country Garden oder Sunac, haben die Zahlungsausfälle zu Restrukturierungen und teils zu Liquidationsverfahren geführt – zugleich lenkte der Staat den Krisenverlauf mit dem Ziel, Fertigstellungen und Stabilität zu sichern. Große Player werden liquidiert, aber der Staat steuert über Lokalregierungen, Regulatoren und staatsnahe Akteure den Krisenverlauf. Zur Logik dieses Modells gehört auch ein vergleichsweise konsequenter Umgang mit Ausfällen: Niemand ist »too big to fail«; exzessive Risikoaufnahme, die die Finanzstabilität gefährdet, wird politisch nicht toleriert.
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