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Aus: Ausgabe vom 29.12.2025, Seite 1 / Titel
Lebensmittelpreise

Der Einkaufswagen bleibt leer

Immer mehr Menschen müssen sich beim Lebensmitteleinkauf einschränken. Politik und Kapital diskutieren über weitere Kürzungen
Von Susanne Knütter
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Preissteigerungen um mehr als 35 Prozent seit 2020. Wer kann die bezahlen?

Nicht nur die Außentemperatur ist zum Jahresende drastisch gesunken. Wo unsereiner hofft, dass bei minus 15 Grad jeder zumindest irgendein Obdach hat, zünden andere Kältebusse an. So geschehen in der Nacht zum Sonntag in Berlin-Moabit. Ein Zeuge beobachtete einen Unbekannten in der Nähe der Fahrzeuge, die als Hilfseinrichtung für Obdachlose gedacht sind. Kurz darauf ging einer der Busse in Flammen auf.

Die rhetorischen Funken für das, was nachts in gentrifizierten Stadtteilen passiert, liefern täglich Politik und Kapital. So forderten die CDU-Politiker Thorsten Frei und Michael Kretschmer am Wochenende »notwendige« Abweichungen vom Koalitionsvertrag, um »endlich« die Produktionskosten senken und den Sozialstaat weiter schleifen zu können. Bestärkt wurden sie – wenig überraschend – vom Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Rainer Dulger: 2026 müsse das Jahr der tiefgreifenden Reformen werden. »Unser Sozialstaat muss treffsicherer und gerechter werden.« Arbeit müsse deutlich attraktiver werden als Nichtarbeit. Was er eigentlich meint, ist das: weniger Sozialabgaben für die Unternehmen, weitere Kürzungen für Erwerbslose, höherer Druck auf die Löhne. Dann, so Dulgers scheinheilige Rechnung, klappt’s auch mit der Ansiedlung neuen Kapitals.

Der Michel fragt sich unterdessen, wo noch überall gekürzt werden soll. Ein wachsender Teil der Bevölkerung kann sich das Leben nicht mehr leisten. So geben mittlerweile 45 Prozent der in Deutschland Lebenden an, sich wegen gestiegener Preise beim Lebensmitteleinkauf einschränken zu müssen. Das ergab eine von Forsa im November durchgeführte Befragung im Auftrag der Verbraucherzentrale Bundesverband. Vor einem Jahr hatten dies noch 39 Prozent der Befragten von sich selbst gesagt. »Eine gesunde Ernährung wird immer mehr zu einer Frage des Geldbeutels«, kommentierte Verbandschefin Ramona Pop die Ergebnisse der Studie und appellierte: »Das darf nicht sein.« Besonders Menschen mit geringem Einkommen machten hohe Preise zu schaffen.

Pop erläuterte, die Lebensmittelpreise seien seit 2020 um mehr als 35 Prozent gestiegen. Die Bundesregierung dürfe dabei nicht länger tatenlos zusehen. Sie müsse eine Beobachtungsstelle einrichten, die Kosten und Preise entlang der Kette von der Landwirtschaft bis in die Regale erfasst. »So lassen sich unfaire Preistreiber aufdecken, denn die hohen Preise lassen sich nicht allein durch gestiegene Produktionskosten erklären.« Soweit, so gut. Dass Pop das ganze Ausmaß der Not dann möglicherweise aber doch weniger tangiert als sie vorgibt, zeigt ein weiterer Kommentar von ihr: Die Mehrwertsteuersenkung auf Speisen in der Gastronomie zum 1. Januar 2026 werde auch nicht dazu führen, dass die Menschen mehr Geld im Portemonnaie haben. Profitieren würden vor allem Fast-Food-Ketten, zitierte sie dpa.

Allgemein gibt es der Umfrage zufolge viel Skepsis bei den Erwartungen aus Verbrauchersicht. Wenn sie an ihre persönliche Situation als Verbraucherinnen und Verbraucher denken, blicken demnach 52 Prozent »eher negativ« auf das neue Jahr. Mit der Verbrauchersicht eng verbunden ist deren Stellung im Produktionsprozess. Und da bleiben die Aussichten schlecht. So rechnete etwa der Unternehmerverband Gesamtmetall am Wochenende mit einem weiteren Abbau Zehntausender Arbeitsplätze in der Metall- und Elektrobranche im kommenden Jahr. »Aktuell verlieren wir pro Monat fast 10.000 Arbeitsplätze«, sagte Hauptgeschäftsführer Oliver Zander der Bild (Sonnabend).

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