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Aus: Ausgabe vom 17.12.2025, Seite 4 / Inland
EU-Truppen für Kiew

Nichts mehr zu besprechen

EU-Politiker wollen westliche Schutztruppe für Kiew. Klare Ablehnung aus Moskau
Von Philip Tassev
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Friedrich Merz (CDU) wartet vor dem Kanzleramt auf seine Gäste (Berlin, 15.12.2025)

Die Berliner Verhandlungen über einen möglichen Frieden in der Ukraine haben einmal mehr den Bedeutungsverlust der EU veranschaulicht. Das hält deren Politiker nicht davon ab, Stärke zu simulieren und dem Kreml eigene Bedingungen zu unterbreiten. Am späten Montag abend wurde ein Statement veröffentlicht, das die Unterschriften von Kanzler Friedrich Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Großbritanniens Premier Keir Starmer und weiteren europäischen Staats- und Regierungschefs sowie von EU-Ratspräsident António Costa und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen trägt. Dort heißt es, die aufgelisteten »Führer« begrüßten »bedeutende Fortschritte bei den Bemühungen von Präsident Trump um einen gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine« und »die starke Konvergenz zwischen den Vereinigten Staaten, der Ukraine und Europa«. Es herrsche Einigkeit darüber, »dass die Gewährleistung der Sicherheit, Souveränität und des Wohlstands der Ukraine für die euro-atlantische Sicherheit insgesamt von entscheidender Bedeutung« sei.

Dann folgen allerdings einige Forderungen, die einem dauerhaften Frieden in der Ukraine überhaupt nicht zuträglich sind. So soll die Kiewer Regierung befähigt werden, auch in Friedenszeiten eine Armee mit 800.000 Soldaten zu unterhalten, was beinahe der aktuellen Stärke (zumindest auf dem Papier) entspricht. Doch damit nicht genug. Die Politiker fordern »eine von Europa geführte ›multinationale Truppe Ukraine‹, die sich aus Beiträgen freiwilliger Nationen im Rahmen der Koalition der Willigen zusammensetzt und von den USA unterstützt wird«.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Armin Laschet (CDU), sieht darin einen Fortschritt. »So weit waren wir noch nie, um einen Frieden zu erreichen«, behauptete er am Dienstag im Deutschlandfunk. Auch der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) begrüßte die »europäische Initiative«. Die »Europäer« hätten sich damit dazu bekannt, »mit Verantwortung zu übernehmen«, sagte er am Dienstag in Berlin und verkündete prompt weitere Militärhilfen für Kiew in Höhe von rund drei Milliarden Euro und die Lieferung von Luft-Luft-Raketen aus Bundeswehr-Beständen.

Offensichtlicher Zweck des vorgelegten Forderungskataloges ist die Sabotage der Friedensbemühungen. Laschet und Pistorius, die selbstverständlich die russischen Positionen kennen, wiesen beide darauf hin, dass es nun an Moskau sei, sich zu dem EU-Plan zu äußern. Oder wie es bei Springers Welt hieß: »Jetzt liegt der Ball bei den Russen im Feld, die darauf reagieren müssen.«

Die Reaktion war nicht überraschend. Der russische Außenminister Sergej Lawrow stellte am Dienstag im iranischen Fernsehen klar: »Russland hat mit der derzeitigen europäischen Führung nichts zu besprechen.« Und sein Stellvertreter Sergej Rjabkow führte gegenüber dem australischen Sender ABC aus, dass Moskau unter keinen Umständen der Stationierung westlicher Truppen in der Ukraine in irgendeiner Form zustimmen werde: »Wir sind offen für alle möglichen Entscheidungen. Wir werden zu keinem Zeitpunkt die Präsenz von NATO-Truppen auf ukrainischem Territorium befürworten, ihr zustimmen oder uns damit zufriedengeben.«

Auf die Frage, ob die russische Führung bereit wäre, dem Einsatz europäischer Streitkräfte außerhalb des NATO-Rahmens zuzustimmen, antwortete Rjabkow deutlich: »Nein, nein, nein. Die Koalition der Willigen ist genau dasselbe. Vielleicht sogar noch schlimmer, weil sie ohne die üblichen NATO-Verfahren, die mehr oder weniger stabil sind, zustande kommen könnte.« In der westlichen Welt sei derzeit nichts stabil, sagte Rjabkow. »Also kein Vertrauen, keine Zuversicht, sondern eher völliges und dominantes Misstrauen gegenüber allem, was aus den großen NATO-Hauptstädten kommt.«

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