Ein Angebot
Von Stefan Gärtner
Das Schöne an meinem sterbenden Beruf ist, dass man Bücher geschenkt bekommt, über die dann Lobendes oder nicht so Lobendes gesagt werden kann. Mitunter kommt es vor, dass auf ein angefragtes Rezensionsexemplar gewartet werden muss, und dann fragen wir ein zweites Mal an, und dann kommen, man ahnt es, beide.
Haben wir also eins über, ladenfrisch und eingeschweißt, und da es in unserer moribunden Profession nicht mehr viel zu verdienen gibt, schicken wir’s nicht zurück, sondern bieten es im digitalen Kleinanzeigenteil an, dreißig Prozent unterm Ladenpreis, also: dasselbe Buch wie im Laden, nur für ein Drittel weniger, Versand inklusive, man muss also nicht mal seinen Hintern aus dem Sessel heben.
Besser, möchten wir meinen, geht es nicht, ein Gewinn für alle, und der Verlag muss ein Exemplar weniger makulieren. Dann kriegen wir eine Anfrage, die ohne Anrede mit »Mein Angebot:« beginnt und das unsrige noch einmal um ein Drittel unterbietet. Am liebsten würde man antworten: »Mein Angebot: Arschlecken und rasieren«, aber das verstößt gegen die »Nettiquette«, und es wird ja auch so schon genug gepöbelt auf der Welt. Also kann ich nur still den Kopf schütteln und denken, siehste, besteht also auch die Welt des privaten Gebrauchtbuchhandels aus einerseits den netten Menschen, für die ein Handel gelungen ist, wenn er beiden Seiten freundlich nützt, und denen, die zwar ein Buch haben möchten, das, kein Witz, von der postrevolutionären Gesellschaft handelt, die prärevolutionäre aber so verinnerlicht haben, dass sie im Ein-Euro-Laden bellen: Mein Angebot – 50 Cent.
Dies ist leider kein Vorgriff auf eine Zukunft, in der jeder gratis hat, was er braucht, sondern bloß die Gegenwart, in der sie den Hals nicht vollkriegen. »Herrschaft wandert in die Menschen ein«, sagt Adorno, und wer ihn lesen will und auf ein unbenutztes Exemplar wert legt, aber 30 Prozent Nachlass für noch zu wenig hält, der frage bitte, mein letztes Angebot, den Weihnachtsmann.
Friedenspropaganda statt Kriegsspielzeug
Mit dem Winteraktionsabo bieten wir denen ein Einstiegsangebot, die genug haben von der Kriegspropaganda der Mainstreammedien und auf der Suche nach anderen Analysen und Hintergründen sind. Es eignet sich, um sich mit unserer marxistisch-orientierten Blattlinie vertraut zu machen und sich von der Qualität unserer journalistischen Arbeit zu überzeugen. Und mit einem Preis von 25 Euro ist es das ideale Präsent, um liebe Menschen im Umfeld mit 30 Tagen Friedenspropaganda zu beschenken.
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