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Aus: Ausgabe vom 13.12.2025, Seite 8 / Kapital & Arbeit
Chinesische Exportgeschäfte

Neue Front im Handelskrieg

Mexiko kündigt hohe Zölle auf ausländische Güter an. China besonders getroffen. USA wollen Dominanz stärken, EU ringt um Zugeständnisse
Von Jörg Kronauer
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Lateinamerika stehen geopolitische Turbulenzen bevor: Chinesische Waren in Mexiko-Stadt

Kaum scheinen sich die Wogen im Handelsstreit zwischen China und dem Westen etwas zu glätten, da zeichnet sich schon der nächste größere Konflikt um chinesische Exporte ab: diesmal zwischen der Volksrepublik und Mexiko. Auslöser sind neue Zölle, die am Mittwoch erst das mexikanische Abgeordnetenhaus, dann auch der Senat in Ciudad de México beschlossen hat. Sie richten sich gegen mehr als 1.400 Produkte, von Textilien über Haushaltsgeräte bis hin zu Autos und Autoteilen. Mit Sätzen von bis zu 50 Prozent fallen sie in Teilen außerordentlich hoch aus.

China ist zwar nicht der einzige, jedoch der am stärksten getroffene Handelspartner des mittelamerikanischen Landes. Der Handel mit Mexiko war zuletzt rasant gewachsen; die Volksrepublik ist inzwischen mit einem Anteil von mehr als 20 Prozent Mexikos zweitgrößter Lieferant. Entsprechend verärgert erklärte das chinesische Handelsministerium am Donnerstag, die neuen Zölle schadeten den Interessen chinesischer Unternehmen erheblich. Gegenmaßnahmen waren ebenfalls im Gespräch.

Die Lage ist komplex. Einerseits ist klar: Mexiko, dessen Exporte zu mehr als 80 Prozent in die USA gehen – zum großen Teil handelt es sich um Waren, die US-Konzerne zu Niedriglöhnen unmittelbar jenseits der Grenze für den US-amerikanischen Markt produzieren lassen –, ist wirtschaftlich in höchstem Maße von seinem nördlichen Nachbarn abhängig. Der aber übt brachial Druck aus: Die Regierung unter Donald Trump will um jeden Preis die Einfuhr chinesischer Güter zurückdrängen, auch solche, die über Mexiko ins Land gelangen. Mexikos sozialdemokratische Präsidentin Claudia Sheinbaum soll es richten – andernfalls droht Trump dem Land mehr oder weniger mit dem ökonomischen Knockout.

Sheinbaum hat sich Mühe gegeben, die Lage zu deeskalieren, und versucht, die Zölle als im Eigeninteresse mexikanischer Unternehmen liegend erscheinen zu lassen. Das ist auch nicht falsch: Branchen wie die Textilindustrie geraten durch kostengünstige Importe durchaus in Bedrängnis. Zudem richten sich die Zölle nicht allein gegen die Volksrepublik, sondern gegen alle Staaten, mit denen Mexiko keine Handelsabkommen abgeschlossen hat, etwa auch gegen Südkorea, Thailand und Indien.

Dennoch: Die Zölle treffen chinesische Konzerne nicht nur am heftigsten, sondern auch ausgerechnet zu einer Zeit, in der die Volksrepublik in Lateinamerika unter Druck gerät. Trump will die längst bröckelnde US-Dominanz über den Subkontinent wieder stärken und geht gegen jeglichen chinesischen Einfluss vor. Beijing ist nicht bereit, sich einfach so abdrängen zu lassen, und hat in einem am Dienstag publizierten Strategiepapier klargestellt, dass es seine schon jetzt soliden Beziehungen in der Region weiter ausbauen will. Man werde sich »gegen einseitige Schikanen zur Wehr setzen«.

Lateinamerika stehen also wohl heftige geopolitische Turbulenzen bevor. Unklar war zunächst, wie es im Streit um die neuen mexikanischen Zölle weitergeht. Man hoffe, Mexiko werde nun »die Kommunikation und den Dialog mit China stärken«, hieß es am Donnerstag aus dem Beijinger Handelsministerium. Beobachter wiesen darauf hin, in China sei man sich im klaren darüber, dass Mexiko unter US-Druck handle. Gleichzeitig müsse China jedoch zeigen, dass es sich nicht einfach abspeisen lasse, um etwaige Nachahmer nicht auf Ideen zu bringen.

Unterdessen hält auch in der EU die Debatte über Zölle auf weitere Produkte aus China an. Während Frankreich mit solchen Maßnahmen droht, hat sich BRD-Außenminister Johann Wadephul bei seinem jüngsten Besuch in Beijing zurückhaltender gegeben – wohl auch im Bewusstsein, dass die deutsche Industrie, die im Inland heftig kriselt und deren US-Export wegen der Zölle einbricht, nicht unbedingt noch einen dritten Krisenherd braucht. Allerdings beschlossen die EU-Finanzminister am Freitag eine pauschale Abgabe von drei Euro pro Paket mit »niedrigpreisigen Waren« von außerhalb des Staatenbundes, womit chinesische Versandhändler ins Visier genommen werden sollen. Nicht unbedingt ein Freundschaftsangebot.

Auf der Suche nach einem Ausweg hat sich jetzt Jens Eskelund, Präsident der EU-Handelskammer in China, eingeschaltet. Eskelund erklärte Mitte der Woche, der chinesische Renminbi sei gegenüber dem Euro um »mindestens« 40 Prozent unterbewertet. Erkläre sich Beijing bereit, den Wechselkurs zumindest ein Stück weit anzupassen, dann verteuerten sich die Ausfuhren aus China, und der Druck auf die europäische Industrie würde sinken. Eine Kursanpassung durch die chinesische Zentralbank wäre für die EU also eine bequeme Lösung. Das würde zudem dazu führen, dass Importe in die Volksrepublik billiger würden, was helfen könne, den Inlandskonsum auszuweiten. Letzteres gehört in der Tat zu den offiziellen Zielen Beijings.

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