Schwierige Partner
Von Annika Becker
Nach vielen Verzögerungen kam am Ende nochmals über eine Stunde Verspätung obendrauf: Im Waldstadion in Frankfurt am Main gründeten die Erstligisten am Mittwoch nachmittag den neuen Ligaverband »Frauenbundesliga FBL e. V.«; Katharina Kiel wurde einstimmig zur Präsidentin gewählt. Für die Direktorin Frauenfußball von Eintracht Frankfurt war es ein Heimspiel. Als erste Vizepräsidentin fungiert Veronica Saß, Direktorin Recht beim FC Bayern München, zweiter Vizepräsident ist Florian Zeutschler, Geschäftsführer der SGS Essen.
Während Kiel und Zeutschler, letzterer gewissermaßen als Vertreter der wenigen verbliebenen Vereine ohne Anschluss an einen Lizenzklub, operativ im Fußball der Frauen arbeiten, ist die Personalie Saß überraschend. Viele hatten Bayerns Direktorin Frauenfußball Bianca Rech auf dem Posten erwartet. Ausschlaggebend war wohl, dass Saß Juristin ist.
Dass sich die Pressekonferenz im Anschluss an die konstituierende Sitzung so arg verzögerte, lag wohl an einem Grußwort des eingeladenen DFB-Präsidenten Bernd Neuendorf. Eine Beteiligung des Deutschen Fußballbundes, wenn auch im kleinen Rahmen, war nach den letzten Wochen nicht unbedingt zu erwarten gewesen. Sowieso war alles anders geplant.
Die Veranstaltung sollte ursprünglich am DFB-Campus stattfinden. Neuendorf hatte nach dem Bundestag des Dachverbandes im November angekündigt, dass am 10. Dezember zunächst der FBL e. V. gegründet und anschließend am selben Tag ein Joint Venture zwischen dem neuen Ligaverband und dem DFB ins Leben gerufen werden solle. Auf dem Bundestag waren dafür die Voraussetzungen geschaffen worden, der neue Ligaverband wurde als ordentliches Mitglied des DFB aufgenommen – ohne Stimmrecht. Eigentlich hätte der e. V. zu dem Zeitpunkt sogar bereits existieren sollen.
Statt dessen also Dezember. Nach einem für Neuendorf erfolgreichen Bundestag und der Vergabe der Frauenfußball-EM 2029 an Deutschland sah alles nach Feierlichkeiten aus. Womöglich sorgte aber gerade die erfolgreiche EM-Bewerbung dafür, dass sich die DFB-Seite in den Verhandlungen mit den Klubvertretern verhob. Am Tag nach der Vergabe kamen im Minutentakt die Pressemitteilungen der 14 Vereine heraus, scharfe Kritik am DFB und eine Verlegung der Veranstaltung ins Waldstadion inklusive. »Die Gründung erfolgt – anders als ursprünglich vorgesehen und von den Klubs angestrebt – ohne Mitwirkung des DFB«, hieß es da. Der im Verband Verantwortliche Holger Blask reagierte »mit Verwunderung«. »Die Gründung des Ligaverbandes von den 14 Klubs ist eine Voraussetzung für das geplante Joint Venture. Eine Beteiligung des DFB am Ligaverband war nie geplant.«
Das ist technisch gesehen korrekt, doch wollte der DFB eben symbolträchtig Gastgeber sein und sogleich das Joint Venture mitbegründen. Diese Form der Verkürzung wurde gerne hingenommen, solange sie schmeichelhaft war. Inhaltlich ist der größte Streitpunkt das Stimmrecht: In dem angedachten Führungsgremium der geplanten GmbH sollten Ligaverband und DFB je drei Sitze haben, die letzte Entscheidungsgewalt im Falle einer Pattsituation sollte bei der operativen Geschäftsführung der FBL liegen. Der DFB bestand aber wohl trotz vorheriger Absprachen plötzlich auf einer nötigen Zweidrittelmehrheit.
Für die Vereine ein Affront. Sie argumentieren, den Großteil des Aufwandes zu stemmen, finanziell wie anderweitig. Während der DFB über acht Jahre 100 Millionen Euro für das Joint Venture zugesagt hat, liegen die öffentlich gemachten Schätzungen für die Vereinsseite, geäußert von Eintracht-Chef Axel Hellmann, irgendwo zwischen 300 und 900 Millionen Euro. Außerdem wollte der DFB eine Ausstiegsklausel nach vier Jahren, auch das ein Streitpunkt.
Klar ist, dass es für den neuen Ligaverband ganz ohne den DFB sehr kompliziert würde. Er ist Ansprechpartner für die internationalen Verbände, stellt unter anderem die Schiedsrichter und führt den sportlichen Wettbewerb durch: »Das ist auch tatsächlich nicht der Zweck dieses Ligaverbandes, wir haben einen Interessensverband gegründet«, so Kiel.
Wie es genau weitergeht, darauf wollte sich Kiel nicht festlegen, das Wort »ergebnisoffen« fiel auf der Pressekonferenz häufig, und auf viele Fragen gab es keine Antworten. Man habe von den 14 Vereinen den Auftrag, eine weitere Zusammenarbeit mit dem DFB als auch Alternativen zu prüfen. Das Präsidium scheint aber um eine Annäherung an den Verband bemüht. »Die Idee mit dem DFB ist nicht zerschlagen«, so Kiel. Sehr deutlich wurde VfL Wolfsburgs Sportlicher Leiter Ralf Kellermann via Pressemitteilung: Es wäre »sehr zu begrüßen, wenn wir den eingeschlagenen Weg künftig gemeinsam fortsetzen könnten.«
Viel Zeit für eine Entscheidung bleibt nicht, weil das Joint Venture schon zur Saison 2026/27 an den Start gehen soll und die Ausschreibung der Medienrechte ab der Saison 2027/28 »zeitnah« geklärt werden muss.
Friedenspropaganda statt Kriegsspielzeug
Mit dem Winteraktionsabo bieten wir denen ein Einstiegsangebot, die genug haben von der Kriegspropaganda der Mainstreammedien und auf der Suche nach anderen Analysen und Hintergründen sind. Es eignet sich, um sich mit unserer marxistisch-orientierten Blattlinie vertraut zu machen und sich von der Qualität unserer journalistischen Arbeit zu überzeugen. Und mit einem Preis von 25 Euro ist es das ideale Präsent, um liebe Menschen im Umfeld mit 30 Tagen Friedenspropaganda zu beschenken.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.