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Aus: Ausgabe vom 12.12.2025, Seite 15 / Feminismus
USA

Migrantin, schwanger, gefesselt

USA: Trumps Krieg gegen Einwanderung macht vor gewaltbetroffenen Frauen und Müttern nicht Halt
Von Carmela Negrete
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Vor den Augen ihres Sohnes: Eine mutmaßliche Migrantin wird bei einer Razzia festgenommen (Chelsea, 26.11.2025)

Jeden Tag werden in den USA seit Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump am 20. Januar durchschnittlich 824 Menschen von der Einwanderungsbehörde ICE festgenommen. Das meldete unter anderem NBC am Wochenende unter Berufung auf die aktuellsten Zahlen bis Mitte Oktober. Zwar sind demnach 90 Prozent der aufgegriffenen mutmaßlichen Migranten Männer, allerdings auch in unbekannter Zahl schwangere Frauen, Frauen nach der Geburt und stillende Mütter, wie die Women’s Refugee Commission berichtet. Die Hilfsorganisation für migrantische Frauen ruft deshalb dazu auf, Informationen zu Betroffenen weiterzuleiten, damit diese Fälle dokumentiert werden können.

Eigentlich ist dieses Vorgehen seit der Regierungszeit von Joe Biden nur noch in Ausnahmefällen gestattet, und die entsprechende Richtlinie ist auch nicht offiziell aufgehoben worden. Aus Gerichtsverfahren, Medienberichten und Aussagen von Anwälten für inhaftierte Eingewanderte gehe jedoch hervor, berichtete das Portal 19th News am 20. Oktober, »dass sie nicht mehr angewendet wird«. Zudem hob der Kongress im März eine Vorschrift auf, die das Heimatschutzministerium verpflichtete, zweimal jährlich anzugeben, wie viele dieser Migrantinnen in Haftanstalten festgehalten werden, und dafür eine »ausführliche Begründung« abzugeben.

Am 22. Oktober prangerte die US-Bürgerrechtsvereinigung ACLU gemeinsam mit anderen Organisationen diese Zustände in einem Appell an die Führung des ICE an. Betroffene hätten demnach von »schwerwiegenden Erfahrungen mit Fesselung, Zwangsmaßnahmen und Einzelhaft« berichtet, sowie von »verspäteter und unzureichender Schwangerschaftsvorsorge, Verweigerung von Schwangerschaftsvitaminen, unzureichender Versorgung mit Nahrung und Wasser, medizinischer Versorgung ohne Einverständniserklärung, fehlenden Dolmetschern auch bei Arztbesuchen sowie medizinischer Vernachlässigung«. Dies habe bei einer Frau, die eine Fehlgeburt erlitten hatte, zu einer gefährlichen Infektion geführt.

Seit 2011 gab es in den USA zudem die sogenannte Sensitive Zones Policy, die Trump ebenfalls unmittelbar aufheben ließ. Damit waren neben Kirchen, Schulen und Krankenhäusern auch Frauenschutzräume davor gefeit, von ICE-Beamten gestürmt zu werden. Schon im Januar warnte Zain Lakhani, Direktorin des Programms für Migrantenrechte und Gerechtigkeit bei der Women’s Refugee Commission, davor, »dass eine Überlebende häuslicher Gewalt in einer missbräuchlichen Situation bleibt, weil sie gezwungen ist, zwischen ihrer unmittelbaren Sicherheit und einer Verhaftung und Abschiebung zu wählen, wenn sie in ein Frauenhaus geht oder ihre Kinder in ein Frauenhaus bringt«.

Und schon vor einem solchen Schritt überlegten sich Betroffene, überhaupt die Polizei zu alarmieren, denn sie »haben jetzt den Eindruck, dass ein Polizeibeamter entscheiden könnte, dass die Überprüfung ihres Einwanderungsstatus wichtiger ist als die Gewährleistung ihrer Sicherheit«, so Casey Swegman vom Tahirih Justice Center, einer gemeinnützigen Organisation, die sich für Einwanderer einsetzt, die Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt geworden sind. Parallel dazu häufen sich Berichte von zerrissenen Familien und Kindern, die ohne ihre Eltern in Haftanstalten festgehalten werden. Laut ICE-Daten vom 1. Dezember sind mehr als 400 Kinder zwischen August und September länger als die rechtlich vorgegebenen 20 Tage inhaftiert gewesen. Fünf davon sogar mehr als 160 Tage lang, wie AP berichtete.

ICE war auch schon vor Trumps Feldzug gegen Migranten für aggressive Festnahme- und Abschiebungspraktiken bekannt und stand wegen Menschenrechtsverletzungen und Familientrennungen am Pranger. Trump hat die Bundesbehörde nun mit der größten Investition in Abschiebungen in der Geschichte des Landes ausgestattet – mit dem Ziel, eine Million Eingewanderte pro Jahr abzuschieben. Im Rahmen ihres Konjunkturpakets »Big Beautiful Bill« hat die US-Regierung 170 Milliarden US-Dollar an ICE und die Grenzpolizei überwiesen. Viele der über 100 Abschiebezentren im Land sind derzeit voll – auch mit Frauen, die eigentlich besonderen Schutzes bedürften.

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