Generalstreik legt Portugal lahm
Von Carmela Negrete
Viele Beschäftigte konnten am Donnerstag ihren Arbeitsplatz nicht erreichen, viele andere wollten erst gar nicht hingehen: In Portugal haben Lohnabhängige gegen die Arbeitsreform gestreikt, die die Regierung mit aller Macht durchsetzen will. Es ist der 11. Generalstreik in fünf Jahrzehnten kapitalistischer Demokratie in Portugal. In den vergangenen zwölf Jahren – seit Wirtschaftskrise und Kürzungsprogramm – hat es keinen vergleichbaren Protest mehr gegeben.
»Der Streik war in Bereichen wie Transport, Bildung, Gesundheitswesen, öffentlicher Verwaltung, Müllabfuhr sowie in großen Industriebetrieben wie Autoeuropa deutlich spürbar«, schreibt die spanische Tageszeitung El País. 220 Flüge der portugiesischen Fluglinie TAP wurden gestrichen. Überall im Land, auch in kleinen Orten, fanden Demonstrationen und Kundgebungen statt. In den meisten Krankenhäusern wurden nicht lebensnotwendige Operationen verschoben, wie der öffentliche Radiosender Antena 1 am Vormittag berichtete. Catarina Martins vom Bloco de Esquerda sprach von einem »frontalen Angriff auf alle Generationen«, die kommunistische Partei PCP von einem »Krieg gegen die Arbeiterklasse«.
Die Regierung des Partido Social Democrata (PSD), die wenig mit Sozialdemokratie zu tun hat, setzt zusammen mit der rechtskonservativen Allianz AD und dem kleineren CDS-PP auf Privatisierungen, Sparprogramme und eine ausgesprochen unternehmensfreundliche Politik. Ihre Maßnahmen zielen auf maximale Flexibilisierung ab – etwa auf bis zu zwei Stunden Mehrarbeit täglich, wobei diese Stunden in einem Zeitkonto erfasst werden. Unternehmer preisen dies als Flexibilität und Kontrolle an, angeblich weil es ohnehin viele unbezahlte Überstunden gebe, für die derzeit keine Mechanismen existieren. Einer der am stärksten kritisierten Punkte ist jedoch die Legalisierung von Outsourcing, Firmen sollen Arbeiter entlassen und Firmen für weniger Geld beauftragen können. In anderen Ländern, wie der BRD, ist das längst Standard.
Zum Protest hatten diesmal in seltener Eintracht die beiden größten Gewerkschaften aufgerufen: die kommunistisch geprägte CGTP (Confederação Geral dos Trabalhadores Portugueses) sowie die sozialdemokratische UGT (União Geral de Trabalhadores). Der frühere Generalsekretär der UGT erklärte im öffentlich-rechtlichen Sender RTP, die Organisation habe »bestimmte rote Linien« und »könne an diesem beispiellosen Angriff auf die Rechte der Arbeiter nicht mitwirken«. Das sei alles andere als selbstverständlich, erinnerte er, denn die derzeitige Präsidentin der UGT, Lucinda Dâmaso, ist zugleich Vizepräsidentin der Ständigen Nationalkommission der regierenden PSD.
Auch die extreme Rechte von Chega, die in dem eher links geprägten Land aus den letzten Wahlen als zweitstärkste Kraft hervorgegangen ist, sah sich gezwungen, die Reform zu kritisieren. Seit Juni wird Portugal von Premierminister Luís Montenegro regiert, der eine rechtsliberale Minderheitskoalition ohne klare Parlamentsmehrheit anführt. Auch die Umstände, unter denen Montenegro an die Macht kam, beschäftigen das Land weiterhin. Der vorherige Ministerpräsident António Costa trat zurück, nachdem ihm ein angeblicher Korruptionsskandal zugeschrieben wurde – der sich später als Verwechslung mit einem anderen António Costa herausstellte. Ein wenig überzeugender »Fehler«, der ihn dennoch das Amt kostete. Portugal war – zusammen mit Spanien – eines der wenigen Länder Europas, in denen die Sozialdemokratie regierte.
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