Südkorea setzt auf Atom
Von Martin Weiser, Seoul
Als Donald Trump bei seinem Besuch im beschaulichen Gyeongju in Südkorea von seinem Amtskollegen Lee Jae Myung am 29. Oktober eine Goldkrone überreicht bekam, stand praktisch schon fest, dass der US-Präsident für diese Schmeichelei etwas springen lassen würde. Für die hohen Investitionen versprach Trump im Gegenzug den Transfer nuklearbetriebener U-Boote. Über die Details war man sich hingegen noch nicht einig. Lee meinte, es würde wirtschaftlich wie auch aus Sicht der Geheimhaltung mehr Sinn ergeben, in Südkorea zu bauen. Trump möchte hingegen am liebsten jeden Dollar für die Konstruktion in seinem Land verbuchen, wenn auch in der seit 2024 von Südkoreanern übernommenen Hanwha-Philly-Werft.
Seoul wird nicht müde zu betonen, dass man die Atom-U-Boote nur brauche, um sich gegen die Demokratische Volksrepublik Korea (DVRK) zu wappnen. Deren Staatschef Kim Jong Un hatte selbst bereits gelobt, ein noch in Bau befindliches großes U-Boot mit Atomraketen zu bestücken, was nur mit Nuklearantrieb realistisch scheint. Die Technologie nicht nur für die Bewaffnung, sondern auch für die Fortbewegung käme dann aus Russland, ist die gängige Spekulation, Beweise dafür wurden allerdings nicht geliefert.
Die Großzügigkeit der USA ist nicht ganz uneigennützig. Australien wurden ebenfalls bereits Atom-U-Boote zugesagt, damit auch von dort aus die Weltmeere patrouilliert werden können. Unterseeboote ohne Atomantrieb werden gemeinhin mit Diesel betrieben, was deren Reichweite einschränkt und weniger Spielraum für geheime Tauchgänge lässt. Südkorea wäre also nur der nächste Partner, aber immerhin direkt vor Chinas Küsten unterwegs. Lees Sicherheitsberater Wi Sung Lac versicherte aber bereits, man werde Beijing gut zureden. Dort könnte das Rüstungsprojekt aber wohl genauso sauer aufstoßen wie das bereits aus den USA gelieferte Raketenabwehrsystem THAAD. Ebenfalls nominell gegen die DVRK im Einsatz, reicht sein Radar unvermeidbar weit in chinesisches Territorium.
Um China weiter einzukreisen, könnte später auch noch Japan beispringen. Die neue ultrakonservative Regierungschefin Takaichi Sanae hat bereits gedroht, Taiwan gegen die Volksrepublik auch militärisch zu verteidigen, und würde wahrscheinlich gern mit einer solchen Anschaffung bei ihren Parteifreunden punkten. Ihr Verteidigungsminister Shinjiro Koizumi hatte einen entsprechenden Schritt bereits vor einem Monat öffentlich vorgeschlagen.
Obwohl die Konservativen in Seoul eigentlich abgewählt wurden, ist die Dynamik dort nur wenig anders. Im Verteidigungsapparat pocht man unter Hinweis auf die Bedrohung aus dem Norden seit jeher auf umfassende Aufrüstung. Lees Demokratische Partei bedient sich ebenfalls gern nationalistischer Narrative. Während man vor der eigenen Atombombe vielleicht noch zurückschreckt, werden Riesenraketen, Spionagesatelliten und jetzt auch Atom-U-Boote als nationale Errungenschaft verkauft. Es ist also nicht überraschend, dass Lee der Propagandawirkung wegen am liebsten alles im eigenen Land produzieren will.
In Form eines seltenen Kommentars der Agentur KCNA kam am 18. November auch aus Pjöngjang scharfe Kritik an Südkoreas Rüstungsplänen. Bereits seit 2003 versuche Seoul die U-Boote zu bekommen, wird darin betont, und jetzt habe es dadurch ein Mittel zur eigenen atomaren Bewaffnung gefunden. Dass man damit auf das Nuklearprogramm im Norden reagiere, sei nur vorgeschoben. Denn erst 2006 habe Kim Jong Il, der Vater und Vorgänger von Kim Jong Un, den ersten Atomtest der DVRK abgesegnet. Dass seit geraumer Zeit viele südkoreanische Konservative, einschließlich des Führungspersonals der People Power Party, für eigene Atombomben plädieren, fand sich nicht in der Stellungnahme. Wäre aber deren Chef Yoon Seok Yul für seinen jüngsten Putschversuch nicht abgesetzt worden, hätte er wahrscheinlich auch noch mit dieser Idee geliebäugelt. Schließlich hätte Südkorea nach einem erfolgreichen Umsturz international wie wirtschaftlich nur noch wenig zu verlieren gehabt.
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