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Aus: Ausgabe vom 08.12.2025, Seite 16 / Sport
Olympia

Alles wird gut!

Der DOSB ruft eine »Sportdekade« aus. Seine 22. Mitgliederversammlung stand am Sonnabend im Zeichen der angestrebten Olympiabewerbung
Von Andreas Müller
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Wieso soll es nicht immer so schön sein? Hannes Ocik wirbt für die Olympiabewerbung (Frankfurt am Main, 6.12.2025)

Jeder Sportler, ob er sich als Hobby in seiner Freizeit fit hält oder professionell nach internationalem Edelmetall strebt, soll in zehn Jahren hierzulande paradiesische Zustände vorfinden. Binnen einer »Sportdekade« soll die Bundesrepublik bis 2035 zu einer der fünf Topsportnationen weltweit aufsteigen. Kinder und Jugendliche sollen dann im Schnitt täglich auf mindestens 90 »Bewegungsminuten« kommen, Erwachsene auf 150 Minuten pro Woche. Sportplätze und Hallen, derzeit serienweise sanierungsbedürftig (Gesamtvolumen mehr als 30 Milliarden Euro), sollen die Menschen allerorten innerhalb von maximal einer Viertelstunde erreichen können, um sich zu trimmen. Betreut von fähigem Personal, versteht sich. Die Zahl von lizenzierten, gut ausgebildeten Übungsleitern und Trainern soll von aktuell zirka 500.000 bis 2035 auf das Dreifache gesteigert werden – parallel dazu soll die Zahl der Mitgliedschaften der im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) organisierten Vereine von derzeit rund 29,3 Millionen auf dann 35 Millionen wachsen.

Welch ein Projekt, das die DOSB-Mitgliederversammlung am Sonnabend in Frankfurt am Main startete! Der organisierte Sport wolle sich gegenüber der Politik für das Vorhaben starkmachen, so das Versprechen. Nur Schulter an Schulter sei ein solcher nationaler Kraftakt zu stemmen. Mit seiner »Zielstruktur« bekräftige der Dachverband »seine gesellschaftliche Legitimation als zentrale Stimme des Sports in Deutschland«, so Präsident Thomas Weikert vor 190 Delegierten. »Ambitioniert? Ja. Machbar? Ja. Jedenfalls dann, wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen. Durch die Verbindung von Ambition, Messbarkeit und gemeinsamer ­Verantwortung wird die Grundlage gelegt, um den Sport bis 2035 noch wirksamer, relevanter und zukunftsfähiger zu gestalten.«

Nicht gedacht wurde bei all dem an den im kommenden Jahr schrittweise in Kraft tretenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter. Dieser eröffnet bei guter, professioneller Verzahnung für die Sportvereine enorme Möglichkeit. Wobei sie zugleich, angesichts der fatalen Versäumnisse im Schulsport, sehr schnell in die Rolle des »Ausputzers« geraten könnten. Bis zur nächsten Mitgliederversammlung, bei der Ende 2026 zugleich Neuwahlen anstehen, soll die futuristische »Zielstruktur« en détail ausformuliert sein. Ab 2027 wird sie den Praxistest zu bestehen haben.

Dann hat der Verband zwar nicht unbedingt einen neuen Präsidenten – Weikard hat über seine Kandidatur noch nicht entschieden –, aber zumindest keinen im klassischen Sinne rein ehrenamtlichen. Ab 2027 hat das DOSB-Oberhaupt erstmals Anspruch auf eine monatliche Aufwandsentschädigung von 2.000 Euro, die Vizepräsidenten erhalten monatlich 1.000 Euro. Dieser Neuerung stimmten über 90 Prozent der Delegierten zu. Im Zentrum des Treffens aber stand das Thema einer deutschen Bewerbung für Olympische Spiele 2036, 2040 oder 2044. Mit 99,79 Prozent der Stimmen wurde der weitere Fahrplan gebilligt. Die entscheidende Wahl wird am 26. September 2026 bei einer außerordentlichen Vollversammlung in Baden-Baden stattfinden. Wobei bis dahin noch eine heikle Frage zu klären ist. Werden in Baden-Baden nur die Spitzenverbände des olympischen Sports mitstimmen dürfen? Oder doch sämtliche der insgesamt 103 Mitgliedsorganisationen des DOSB, also alle 70 Fachverbände des olympischen und nichtolympischen Sports, die 27 Verbände mit besonderen Aufgaben sowie die 16 Landesportbünde? Vermutlich eine Frage für Juristen.

Fakt ist, dass bis zum 4. Juni 2026 die vier Bewerber Berlin, Hamburg, München und Köln-Rhein-Ruhr ihre fertigen Konzepte beim DOSB einzureichen haben. Danach werden diese nach fünf Kategorien geprüft. Zuvor gibt es am 19. April in der Region Rhein-Ruhr und am 31. Mai in Hamburg noch zwei Bürgerentscheide. München hat diese Hürde bereits genommen, Ende Oktober votierten in der bayerischen Metropole zwei Drittel der Befragten »pro Olympia«. Die Berliner Verfassung sieht eine solche Abstimmung nicht vor, aber das »Nolympia«-Bündnis strebt ein Volksbegehren an – gegen die Bewerbung.

Während die Heimspiele in weiter Ferne sind, gibt es für die deutschen Olympioniken schon jetzt gute Nachrichten. Auf die Prämien bei Sommer- und Winterspielen (wie die 20.000 Euro für eine olympische Goldmedaille) werden künftig keine Steuern mehr erhoben. So steht es im Steueränderungsgesetz, das Mitte voriger Woche den Bundestag passierte. Die Gesetzesnovelle sieht außerdem vor, dass Veranstaltungen von Sportvereinen steuerbegünstigt behandelt werden, wenn die Einnahmen einschließlich der Umsatzsteuer 50.000 Euro im Jahr nicht übersteigen. Bisher lag die Grenze bei 45.000 Euro. Johannes Herber, Geschäftsführer von »Athleten Deutschland« mit aktuell rund 850 Mitgliedern aus über 60 Sportarten, ist hocherfreut: »Die Steuerfreiheit für Medaillenprämien setzt den Startschuss für die angekündigte Athletenoffensive der Bundesregierung.«

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