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Aus: Ausgabe vom 08.12.2025, Seite 5 / Inland
Adipositas durch falsche Ernährung

Durchmarsch der Dickmacher

Zunehmend falsche Ernährung mit hochverarbeiteten Nahrungsmitteln. UNICEF-Bericht kommt zu alarmierenden Ergebnissen
Von Gudrun Giese
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Ganz lecker, aber auch ganz schön ungesund: Pizza aus dem Tiefkühlfach

Immer mehr Kinder weltweit sind fehlernährt. Hochverarbeitete Nahrungsmittel wie Snacks, Süßigkeiten, Fast Food und Softdrinks machen sie krank und adipös. Treiber dieser Entwicklung ist die einschlägige Industrie, wie ein aktueller Bericht des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) belegt, der Ende vergangener Woche veröffentlicht wurde.

Neu ist der Trend nicht, aber trotz aller Alarmrufe von seiten der Ärzteschaft und vieler Organisationen wie der Verbraucherzentralen oder »Food Watch« unternimmt die Politik wenig, um der hochverarbeiteten Billigkost beizukommen. Familien greifen gerne zu Tiefkühlpizza, Schokoriegeln und Chips, sind sie doch zunächst preisgünstiger als frisches Obst, Gemüse, Milchprodukte und andere nicht oder wenig verarbeitete Lebensmittel. Doch die Rechnung für den ständigen Konsum unnötiger Kalorien in Form von Zucker, Transfetten und übermäßig gesalzenen Snacks wird nachgereicht: Ärztliche Behandlungen gegen Typ-II-Diabetes, hohen Cholesterinspiegel und Gelenkleiden als Folge von Fettleibigkeit ziehen Kosten für Medikamente nach sich. Vor allem die Lebensqualität der betroffenen Kinder und Jugendlichen wird durch diese eigentlich altersuntypischen Leiden stark eingeschränkt. Der UNICEF-Bericht, der auf einer im Medizinjournal The Lancet veröffentlichten Studienserie basiert, nennt beispielhaft für volkswirtschaftliche Verluste durch solche chronischen Krankheiten China und Mexiko, wo die Lebenszeitkosten unbehandelter kindlicher Adipositas bis zu drei Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung entsprächen.

In manchen Weltregionen wie den pazifischen Inselstaaten habe sich seit dem Jahr 2000 der Anteil übergewichtiger Kinder und Jugendlicher verdoppelt. 2025 lag der Anteil des über- und fehlernährten Nachwuchses weltweit mit 9,4 Prozent um 0,2 Punkte über dem Anteil untergewichtiger Kinder, so UNICEF, mit Ausnahme der Länder südlich der Sahara sowie in südasiatischen Staaten. Deutschland liegt dabei im globalen Trend: Jeder vierte Mensch im Alter von fünf bis 19 Jahren sei übergewichtig – Tendenz leicht steigend. Der Anteil der Kinder mit Adipositas sei seit 2000 mit acht Prozent konstant, heißt es in dem Bericht. Als Hauptursache gilt auch hierzulande der wachsende Anteil hochverarbeiteter Nahrungsmittel in den Supermärkten. Von mehr als 24.000 dort erworbenen und anschließend untersuchten Produkten gehöre etwa die Hälfte zur Kategorie »hochverarbeitet«, ermittelte eine vom Ernährungswissenschaftler Mathias Fasshauer geleitete Arbeitsgruppe der Gießener Justus-von-Liebig-Universität. Der Gesundheitsökonom Peter von Philipsborn von der Universität Bayreuth konstatierte mit Verweis auf verschiedene Studien, dass Deutschland eines der Länder mit dem höchsten Pro-Kopf-Absatz hochverarbeiteter Nahrungsmittel sei. Es würden »weniger frische, gering verarbeitete Lebensmittel verzehrt als empfohlen«. Statt dessen stünden Softdrinks, Süßwaren, salzige Snacks und verarbeitetes Fleisch im Mittelpunkt der Ernährung.

Die Hauptverantwortung für diese Entwicklung trifft nach den Ergebnissen der Studien nicht die betroffenen Familien, sondern Konzerne wie Nestlé, Mondelez, McDonald’s und Co. Der Nachwuchs werde mit aggressivem Marketing und omnipräsenter Werbung traktiert. Schulen, Sportstätten und Kitas erhielten oft als Folge entsprechender Sponsoringverträge mit den Nahrungsmittelkonzernen süße und salzige Kalorienbomben zum Verkauf. Lancet berichtete in seiner Serie über die Lobbyarbeit dieser Unternehmen, die seriöse Forschungsergebnisse zum Thema diskreditiere und auf Politik Einfluss nehme, um eine strengere Regulierung der problematischen Esswaren zu verhindern.

UNICEF schlug in seinem Bericht umfassende Werbeverbote, Warnhinweise auf Verpackungen sowie das Verbot hochverarbeiteter Nahrungsmittel an Schulen als Gegenmaßnahmen vor. Steuern auf süße Getränke, die Reduzierung von Salz und das Verbot ungesunder Fette in den Rezepturen bei gleichzeitiger Subventionierung von Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten sollen ebenfalls eine gesündere Ernährung fördern. Dass Sport gegen durch ungesundes Essen verursachtes Übergewicht helfe, bezeichnen die Autoren des UNICEF-Berichts übrigens als »Mythos«. Allerdings dürfte die vorwiegend sitzende Haltung vieler Kinder und Jugendlicher vor dem Laptop zusammen mit schlechter Ernährung die Gewichtszunahme noch beschleunigen.

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