Wagenknecht setzt sich durch
Von Kristian Stemmler
Das BSW hat auf seinem Bundesparteitag am Wochenende in Magdeburg eine neue Führung gewählt. Nach dem angekündigten Rückzug von Gründerin Sahra Wagenknecht vom Parteivorsitz bilden der EU-Abgeordnete Fabio De Masi und Amira Mohamed Ali, die bisherige Kovorsitzende, die neue Doppelspitze. Zudem änderte die Partei wie geplant ihren Namen: Statt »Bündnis Sahra Wagenknecht« soll sie künftig »Bündnis Soziale Gerechtigkeit und Wirtschaftliche Vernunft« heißen, allerdings erst ab dem 1. Oktober 2026 nach den im kommenden Jahr anstehenden Kommunal- und Landtagswahlen. Das Kürzel BSW bleibt.
Der 3. Parteitag des Anfang 2024 gegründeten BSW verlief weniger konfliktreich als befürchtet. Für die neue Führung gab es eine klare Mehrheit: Für De Masi stimmten 93,3 Prozent der 660 Delegierten, für Mohamed Ali 82,6 Prozent. Die auf Anpassung und Regierungsbeteiligungen zielende Strömung vermied angesichts der klaren Kräfteverhältnisse die offene Konfrontation. So trat der Brandenburger BSW-Landechef Robert Crumbach, der sich zuvor noch eine Kandidatur für den Bundesvorsitz oder als Vizechef offengehalten hatte, dann doch nicht an.
Auch der Thüringer Steffen Schütz, in Erfurt Infrastrukturminister in der »Brombeerkoalition« mit CDU und SPD, zog seine Kandidatur zurück. Bei der Besetzung der sieben Stellvertreterposten setzten sich alle Vorschläge der bisherigen Führung durch. Gewählt wurden Friederike Benda, Shervin Haghsheno, Christian Leye, Michael Lüders, Amid Rabieh, Ralph Suikat und Jessica Tatti. Der einzige andere Bewerber, Dirk Hoffmeister aus Thüringen, fiel mit mageren 12,9 Prozent der Stimmen durch.
In ihrer umjubelten Rede sparte Wagenknecht nicht mit Kritik an der Regierungsarbeit in Erfurt. Zu Thüringen sagte sie, wenn sich das BSW von einer »Zwergpartei wie der Thüringer SPD und ihrem verhaltensauffälligen Innenminister, wenn wir uns von denen die Butter vom Brot nehmen lassen, dann werden wir Wähler enttäuschen«. Zu Brandenburg, wo sich das BSW über die von Wagenknecht gewünschte Ablehnung des Rundfunkstaatsvertrags zerstritten hatte, erklärte die Rednerin: »Koalieren heißt nicht, klein beigeben – koalieren heißt, nicht klein beigeben.« Das BSW sei nicht gewählt worden, »um SPD-Politik zu machen«.
Die anfänglich restriktive Aufnahme von Mitgliedern habe weder den Eintritt von Karrieristen, noch die Bildung interner Netzwerke verhindert. Wagenknecht räumte Probleme ein. »Wir sind in der bisher schwierigsten Phase unserer Parteigeschichte«, sagte sie. Das BSW sei aber unentbehrlich: »Wir sind die einzige politische Kraft, die sich dem Weg der anderen zurück in eine längst überwunden geglaubte Vergangenheit wirklich konsequent entgegenstellt«, so die scheidende Vorsitzende.
Das BSW werde »von den herrschenden Eliten bekämpft«, aber lasse sich nicht kleinkriegen. »Auch mit mir in der deutschen Politik werden Sie noch lange rechnen müssen«, kündigte Wagenknecht an, die mit großer Mehrheit zur Vorsitzenden einer neuen Grundwertekommission gewählt wurde. Scharf attackierte die Parteigründerin die Bundesregierung und die Opposition im Bundestag. Kanzler Friedrich Merz (CDU) warf sie Unfähigkeit und »Maulheldentum« vor.
Steffen Schütz wies die Kritik am Thüringer Landesverband zurück. Wichtig sei zu unterstreichen, dass das BSW die einzige konsequente Friedenspartei sei, sagte Schütz: »Das ist unsere Mission, nicht gegen die eigenen Kritiker Krieg zu führen.« Thüringens BSW-Landeschefin Katja Wolf erklärte laut dpa: »Den auf dem Parteitag angedeuteten Weg des BSW als Fundamentalopposition sehen wir in Thüringen kritisch.«
Topthemen des Parteitags waren der Ukraine-Krieg, die Aufrüstung und die Wehrdienstpläne. Der Vorwurf an die regierenden Parteien CDU/CSU und SPD und an die Grünen, »Kriegstreiber« zu sein, riss beim Parteitag verlässlich die Delegierten laut klatschend von den Sitzen. Der scheidende Generalsekretär Christian Leye sagte, die Themen lägen für das BSW auf der Straße, etwa die Beschlüsse zum Wehrdienst. »Unsere Kinder kriegt ihr nicht mit dem Losverfahren«, sagte Leye. Zu seinem Nachfolger wählte der Parteitag Oliver Ruhnert.
Mohamed Ali übte heftige Kritik daran, dass sich der Wahlprüfungsausschuss des Bundestags gegen eine Neuauszählung der Bundestagswahl ausgesprochen hatte. Das sei »wirklich so dreist, es ist schändlich«, sagte sie. Der neue Kovorsitzende De Masi plädiert dafür, die Rückkehr zu Energieimporten aus Russland in die Verhandlungen über einen Waffenstillstand einzubringen. Er halte es für sinnvoll, »wenn wir zu Herrn Putin gehen und sagen: Wir sind auch bereit, Gas wieder zu beziehen und wollen das einbetten in einen Waffenstillstand in der Ukraine.«
Die Partei hat mittlerweile die Zahl von 9.800 Mitgliedern erreicht und will bis zum Jahresende die 10.000er-Marke knacken.
Friedenspropaganda statt Kriegsspielzeug
Mit dem Winteraktionsabo bieten wir denen ein Einstiegsangebot, die genug haben von der Kriegspropaganda der Mainstreammedien und auf der Suche nach anderen Analysen und Hintergründen sind. Es eignet sich, um sich mit unserer marxistisch-orientierten Blattlinie vertraut zu machen und sich von der Qualität unserer journalistischen Arbeit zu überzeugen. Und mit einem Preis von 25 Euro ist es das ideale Präsent, um liebe Menschen im Umfeld mit 30 Tagen Friedenspropaganda zu beschenken.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
IMAGO/epd23.10.2025Die »Mitte« auf Agentenjagd
Carsten Milbret/imagebroker/imago22.03.2025Aufklärung für alle
H. Tschanz-Hofmann/IMAGO15.03.2025Von wegen demokratisch
Regio:
Mehr aus: Inland
-
Wie viele bezahlbare Wohnungen fehlen?
vom 08.12.2025 -
Aus dem Klassenzimmer zum Klassenkampf
vom 08.12.2025 -
Durchmarsch der Dickmacher
vom 08.12.2025 -
Bescheidenes Plus für Seeleute
vom 08.12.2025 -
Warum sind Sie im Visier der Faschisten?
vom 08.12.2025