Wie viele bezahlbare Wohnungen fehlen?
Interview: Henning von Stoltzenberg
Während des Kommunalwahlkampfes im Sommer rief die Partei Die Linke Düsseldorfer dazu auf, nach leerstehenden Wohnungen in der Stadt zu fahnden, damit diese Adressen dem städtischen Wohnungsamt am 8. Dezember als »Nikolaus-Geschenk« übergeben werden können. Welche Reaktion erwarten Sie von der Behörde?
Diese 200 Adressen geben uns die Möglichkeit – mit einer guten Stichprobe –, das Verwaltungshandeln aus nächster Nähe zu begutachten und Druck auszuüben. Wir werden nach sechs Monaten einen Zwischenstand erfragen und haben die klare Erwartung, dass in einem Jahr, Nikolaus 2026, die Wohnungen wieder bewohnt sind.
Wie viele leerstehende Wohnungen konnten Sie erfassen, und wie sind Sie dabei vorgegangen?
Wir haben 200 Gebäude erfasst, die zum größten Teil komplett leer stehen. Wie viele Wohneinheiten das sind, kann ich nur schätzen, vielleicht 800. Mir selbst, aber auch anderen Genossinnen und Genossen, fallen immer wieder leerstehende Gebäude in der Stadt auf. Von der Bausubstanz sind das wirklich ganz unterschiedliche Gebäude, äußerlich teils in einem sehr guten Zustand, teils marode. Ein Genosse hat im Sommer eine Zeitlang auch systematisch gesucht; er ist bestimmte Gebiete – zum Beispiel in der Altstadt – abgelaufen, von denen man weiß, dass dort viel Leerstand herrscht.
Wie viele bezahlbare Wohnungen fehlen in der Landeshauptstadt?
Sehr viele. 2018 wurde ermittelt, dass mehr als die Hälfte aller Miethaushalte in zu teuren oder zu kleinen Wohnungen lebt. Ich will auch darauf aufmerksam machen, dass Platzmangel in Wohnungen ganz erhebliche Konsequenzen für die psychische Gesundheit von Menschen haben kann. Auch müssen immer mehr Menschen immer größere Teile ihres Einkommens für die Miete aufbringen. Ungefähr die Hälfte aller Haushalte hätte Anspruch auf eine Sozialwohnung, aber nur 3,9 Prozent aller angebotenen Wohnungen fallen in diese Kategorie.
Sie bringen auch die in Düsseldorf bestehende »Wohnraumzweckentfremdungssatzung« ins Spiel.
Wenn diese Satzung ernst genommen würde, sollte es allmählich keinen Leerstand mehr geben, zumindest keine Gebäude, die über Jahre leerstehen. Denn unter Zweckentfremdung fallen nicht nur Ferienvermietungen, sondern auch Leerstand. Es ist nicht in Ordnung, unrechtmäßig Wohnungen leerstehen zu lassen – Punkt! Die Satzung gilt in Düsseldorf seit 2019. Und es werden schätzungsweise immer noch 20.000 Wohnungen zweckentfremdet. Heißt: Die Satzung greift nicht richtig. Und die Verwaltung ist mit der schieren Anzahl an Zweckentfremdungen überlastet.
Das bedeutet?
Derzeit erkenne ich drei Muster: Für Objekte, mit denen spekuliert wird, sind die Bußgelder und Ausgleichszahlungen zu niedrig. Bei Objekten, wo der Eigentümer die Sanierung einfach nicht hinbekommt, aber trotzdem alle drei Monate einen Handwerker durch das Gebäude schickt, drückt die Verwaltung zwei Augen zu und genehmigt den Leerstand. Und viele einzelne leerstehende Wohnungen werden von der Verwaltung gar nicht erkannt – sie sind unter dem Radar unbewohnt. Wir bräuchten also höhere Bußgelder, strengere Regeln, mehr Personal und mittelfristig ein Register, mit dem jede Wohnung, die länger als drei Monate leersteht, auffällt.
Welche weiteren Aktivitäten planen Sie, um Wohnungsleerstand zu bekämpfen?
Am Thema Leerstand werden wir dranbleiben. Dazu gehört auch, dass wir in der nächsten Ratssitzung erfragen, wie viele Vor-Ort-Begehungen die Verwaltung in den letzten Jahren durchgeführt hat, um Leerstände zu begutachten und zu überprüfen, ob Bauarbeiten tatsächlich stattfinden.
Unsere Stadtverwaltung soll weniger Leerstände genehmigen und mehr Druck auf Eigentümer machen. Auch aus ökologischer Sicht ist es sinnvoll, auf Bestandsbebauung zurückzugreifen. Profitgier oder Trägheit bei Bauarbeiten lassen sich, wenn es um ein Menschenrecht wie Wohnen geht, nicht tolerieren. Was Aktionen »auf der Straße« betrifft, haben wir etwas in petto. Dazu kann ich aber noch nicht mehr verraten.
Julia Marmulla ist wohnungspolitische Sprecherin der Ratsfraktion Die Linke in Düsseldorf
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