Merz bekräftigt »Drecksarbeit«
Von Arnold Schölzel
Am 17. Juni dankte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) im ZDF-Interview am Rande des G7-Gipfels in Kanada Israel für dessen Bombardierung des Iran: »Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle.« Die Formulierung, die weithin auch als Billigung des Genozids in Gaza verstanden wurde, wiederholte er bei seinem Antrittsbesuch am Wochenende in Jordanien und Israel nicht, in der Sache blieb er dabei. Die Berechnung des Max-Planck-Instituts für demographische Forschung von November, wonach in Gaza rund 100.000 Menschen durch Gewalt zu Tode gekommen sind, spielte keine Rolle. Gastgeber Benjamin Netanjahu setzte dagegen einen neuen Akzent und sah in der Rüstungskooperation durch Waffenlieferungen Israels für die Bundeswehr einen »historischen Wandel«. Erst am Mittwoch hatte die deutsche Armee die erste Stufe des israelisch-US-amerikanischen Raketenabwehrsystems »Arrow 3« in Betrieb genommen – erstmals außerhalb Israels. Luftwaffeninspekteur Holger Neumann erklärte bei der öffentlichen Präsentation, es gebe nun eine »gänzlich neue Fähigkeit von strategischer Bedeutung«.
Vor diesem Hintergrund erhielten die Erklärungen des Bundeskanzlers in Israel einen neuen Inhalt. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Regierungschef Netanjahu am Sonntag und bei anderer Gelegenheit lautete seine Formel nicht mehr, die Sicherheit Israels sei Teil der deutschen »Staatsräson«, sondern: »Das gehört zum unveränderlichen Wesenskern unserer Beziehungen. Das gilt für heute. Das gilt für morgen, und das gilt für immer.«
Merz hatte zum Auftakt seiner ersten Nahostreise nach sieben Monaten im Amt am Sonnabend zunächst den jordanischen König Abdullah II. besucht. Dort lautete die an den Gastgeber angepasste Phrase: »Wir müssen den Weg zu einer palästinensischen Staatlichkeit offenhalten.« Deshalb dürfe »es keine Annexionsschritte im Westjordanland geben, keine formellen, aber auch keine politischen, baulichen, faktischen oder sonstigen Maßnahmen, die auf eine Annexion hinauslaufen.«
Das wiederholte Merz zwar in Jerusalem, ruderte aber sofort zurück, als Netanjahu energisch dagegenhielt: Zum einen hätten die Palästinenser ihre Chance auf einen eigenen Staat im Gazastreifen verspielt. Zum anderen sei die Palästinensische Nationalbehörde (PA) im Westjordanland nicht an einem Frieden interessiert. Sie wolle keinen palästinensischen Staat neben Israel, sondern einen palästinensischen Staat anstelle Israels. Er bezweifle, dass sich dies ändere. Der Frage von israelischen Annexionen im Westjordanland, die Teile seines mit Faschisten besetzten Kabinetts fordern, wich er aus: »Es wird eine Frage sein, die wir irgendwann stellen werden, aber nicht sofort.«
Merz erklärte, sein Eindruck sei nach einem Telefonat mit PA-Chef Mahmoud Abbas, dass dieser sehr wohl zu Reformen bereit sei. Netanjahu bezweifelte dies. Die PA müsse aufhören, die palästinensischen Kinder zum Mord an Israel zu erziehen, für Mord zu zahlen und öffentliche Plätze nach Massenmördern zu benennen. Einige arabische Staaten hätten Israel auch ohne die Bildung eines Palästinenserstaates anerkannt. Merz ließ seine Forderung nach einem Palästinenserstaat sofort zusammenschrumpfen auf: Jetzt sei der Fortschritt in Gaza vordringlich. »Dann müssen sich die Palästinenser selbst eines Tages entscheiden, welchen Weg sie gehen wollen. Deswegen, aus heutiger Sicht, es ist zu früh, darüber eine endgültige Entscheidung zu treffen.« Seine endgültige Bekräftigung der »Drecksarbeit« lautete: »Es ist eine Hoffnung, die sich vielleicht erfüllt, vielleicht aber auch nicht.«
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