Rechte Kampagne ging nach hinten los
Begleitet von einer Protestkundgebung von knapp 100 Lobbyisten der ultrarechten israelischen Regierung vor dem Kölner WDR-Funkhaus hat die ARD-Korrespondentin aus Tel Aviv, Sophie von der Tann, am Donnerstag abend den Hanns-Joachim-Friedrich-Preis für herausragende Leistungen im Fernsehjournalismus erhalten. Vorangegangen war wochenlange Hetze rechter Portale wie Nius sowie auf Social Media, befeuert von israelischen Staatsvertretern, die der 34jährigen Journalistin vorwarfen, antiisraelische Aktivistin (Botschafter Ron Prosor) oder gar das »Gesicht von neudeutschem Juden- und Israelhass« (Reservearmeesprecher Arye Sharuz Shalicar) zu sein. In deren Fadenkreuz war von der Tann geraten, da sie auch die palästinensische Sicht in ihre Berichterstattung einbezieht.
Den Startschuss für die jetzige Kampagne hatte vor rund zwei Wochen Springers Welt gegeben. Von der Tann habe bei einem Besuch des bayerischen Antisemitismusbeauftragten Ludwig Spaenle in Israel das Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 mit ihrer Aussage relativiert, dieses hätte eine Vorgeschichte. Den von der Welt und der Jüdischen Allgemeinen behaupteten »Eklat« konnte die Süddeutsche Zeitung indessen weder vom Leiter des ARD-Studios in Tel Aviv noch durch Spaenle verifizieren lassen. Nachdem Meron Mendel von der Tann in der Tagesschau den Rücken stärkte, muss sich der deutsch-israelische Historiker vom Welt-Journalisten Christoph Lemmer auf X als »Verteidigungsjude« beschimpfen lassen.
In der FAZ warf Publizistin Esther Schapira den öffentlich-rechtlichen Sendern Voreingenommenheit gegenüber Israel vor. Ein Vorwurf, der durchaus zutrifft – wenn auch andersherum als von Schapira gemeint, wird doch Verlautbarungen aus Tel Aviv in vielen deutschen Redaktionsstuben erst einmal grundsätzlich Glauben geschenkt. In einer Replik auf Schapira ordnet FAZ-Nahost-Korrespondent Christian Meier die Angriffe auf von der Tann ein als »Teil von Bestrebungen, kritische Berichterstattung insgesamt zu delegitimieren und Journalisten zu diskreditieren«. So argumentierten auch rund 70 deutschsprachige Nahostkorrespondenten in einem offenen Brief.
Von der Tann habe trotz massiver Anfeindungen den Fernsehpreis erhalten, freut sich die SZ am Freitag, nur »will die Jury nicht so recht begründen, wieso eigentlich«. So entstehe der Eindruck, die Journalistin habe den Preis »auch gerade bekommen, weil sie eben ›im Feuer‹ steht«.
Es scheint in der Tat, als habe die Jury Angst vor der eigenen Courage bekommen. Dass sie zumindest keinen Rückzieher machte, sei ihr hoch angerechnet. So ist die rechte Kampagne nach hinten losgegangen. (nb)
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