Jugend wehrt sich
Von Max Ongsiek
Am Freitag haben sie deutschlandweit gestreikt, statt die Schulbank zu drücken: Organisiert vom Bündnis »Schulstreik gegen Wehrpflicht« sollen in über 80 Städten mehr als 40.000 Schüler (Stand 13.00 Uhr) – so die Zahlen des Veranstalters – auf die Straße gegangen sein. In der Hand: Plakate und Banner. Sie begehrten auf gegen das »Wehrdienstmodernisierungsgesetz« der »schwarz-roten« Bundesregierung, das kurz zuvor im Bundestag mit Mehrheit verabschiedet worden war. Von 596 Abgeordneten stimmten 323 mit Ja, 272 mit Nein, einer enthielt sich.
»Wir sind beeindruckt davon, wie viele Schülerinnen und Schüler heute gestreikt haben«, erklärte Hannes Kramer, bundesweiter Sprecher des Bündnisses, in einer Mitteilung vom Freitag. Die Botschaft der Schülerinnen und Schüler ist klar und unmissverständlich: kein »Drill«, kein »Gehorsam«, kein »töten lernen«, »kein Krieg« für Deutschland. Überwiegend betraf der Streik die letzten beiden Unterrichtsstunden, da die Proteste oft erst am Mittag starteten.
Streikzentren waren Polizeiangaben zufolge zum Beispiel Berlin, Kiel und München. So versammelten sich in der Bundeshauptstadt am Mittag rund 1.400 Demonstranten am Halleschen Tor. Eine zweite Demonstration vom Oranienplatz zum Rathaus Neukölln war für 16.00 Uhr mit 2.000 Teilnehmern angemeldet. In Kiel gingen rund 1.000 Schülerinnen und Schüler auf die Straße, während in München bereits am Donnerstag rund 1.500 junge Leute zusammenkamen.
Mit dem Gesetz, das ab Januar 2026 greifen soll, hat der Bundestag den Weg für eine enorme Vergrößerung der Bundeswehr freigemacht. Es sieht einen »Dienst auf freiwilliger Basis« vor. Alle 18jährigen Männer sollen ab Anfang 2026 einen Fragebogen erhalten, über den »Motivation und Eignung« ermittelt werden sollen. Für Männer soll die Beantwortung des Fragenkatalogs verpflichtend sein, für Frauen freiwillig. Ziel des Gesetzes sei, dass die Zahl der aktiven Soldaten bis 2035 von 183.000 auf 255.000 bis 270.000 steige. Dazu sollen 200.000 Reservisten kommen. Die Parteien AfD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke lehnten das Gesetz aus unterschiedlichen Gründen ab.
Doch wie reagierte der Bundestag auf die Schülerdemonstrationen? Zwar lobte SPD-Abgeordnete Siemtje Möller in der Debatte das zivilgesellschaftliche Engagement der Jugend im Land – »ihr seid großartig«, forderte aber gleichzeitig eine starke Bundeswehr und eine »widerstandsfähige Bevölkerung«, damit »Putin erkennt«, dass sich ein Angriff auf Deutschland nicht lohnt, denn den »verliert er ganz sicher«.
Der verteidigungspolitische Sprecher der AfD, Rüdiger Lucassen, erklärte: »Soldaten, die für den Sold kommen, haben keine feste Grundlage für den Dienst. Das reicht nicht.« Auch Sara Nanni, Abgeordnete der Partei Bündnis 90/Die Grünen, geht das Gesetz nicht weit genug. Sie kritisierte die Fokussierung des Gesetzentwurfs auf junge Menschen: Der Blick in die Ukraine zeige: »Ein Land wird nicht durch 18jährige verteidigt.«
Desiree Becker, Abgeordnete der Linkspartei, griff den Gesetzentwurf an: »Wir lehnen die Wehrpflicht ab, wir lehnen die Bedarfswehrpflicht ab, wir lehnen auch die Vorbereitung all dessen ab: das heutige Wehrdienstmodernisierungsgesetz«, sagte Becker. Gegenüber jW erklärte die Abgeordnete am Freitag: »Wir stehen hinter den Tausenden, die heute, aber auch in Zukunft auf den Straßen sein werden gegen die Wehrpflicht.«
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gab sich zufrieden. Das Gesetz zum neuen Wehrdienst sei ein »entscheidender Schritt für unsere Verteidigungsfähigkeit«.
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